Offene Fragen zum Privatkredit von Bundespräsident Wulff

Offene Fragen zum Privatkredit von Bundespräsident Wulff
Die Diskussion um einen vergünstigten Privatkredit von Christian Wulff dauert an. Ein neuer "Spiegel"-Bericht legt nahe, dass er dazu möglicherweise nicht die volle Wahrheit gesagt hat. Die SPD fordert von dem Staatsoberhaupt, nun "alle Fakten auf den Tisch zu legen".

Die SPD-Führung erhöht den Druck auf Bundespräsident Christian Wulff, Klarheit über die Finanzierung seines Hauses in Osnabrück zu schaffen. "Wenn Bundespräsident Wulff das höchste Amt im Staat nicht beschädigen will, muss er jetzt endlich reinen Tisch machen", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Ein Bedauern reicht nicht, wenn Vorwürfe, wie sie jetzt in den Medien erhoben werden, im Raum stehen."

Nahles erklärte, die Bürger hätten ein Recht zu erfahren, in welchem "tatsächlichen Verhältnis" Wulff zu Egon Geerkens stehe. Wulff müsse "aus Respekt und aus Achtung vor unseren demokratischen Institutionen" alle Fakten auf den Tisch legen. "Es ist unerträglich, dass ausgerechnet der Bundespräsident durch sein Verhalten die Politikverdrossenheit in unserem Land spürbar vorantreibt."

"Wulff ist voll handlungsfähig"

Trotz der anhaltenden Vorwürfe gegen Christian Wulff sieht der SPD-Verfassungsexperte Dieter Wiefelspütz den Bundespräsidenten nicht in seiner Arbeit beeinträchtigt. Er sei "zwar unter Druck, aber als Verfassungsorgan voll handlungsfähig", sagte das Mitglied des Bundestagsinnenausschusses dem Magazin "Focus" mit Blick auf die Berichte über einen Privatkredit Wulffs aus seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident.

"Er muss es im Kreuz haben, Gesetze, die er für evident verfassungswidrig hält, nicht zu unterzeichnen", sagte Wiefelspütz. Dies traut er Wulff weiter zu. Dem Bundespräsidenten liegt unter anderem das umstrittene Stasiunterlagen-Gesetz zur Prüfung und Unterzeichnung vor.

Zu dem Privatkredit einer Unternehmergattin für Wulff waren am Freitag neue Fragen aufgetaucht. Der "Spiegel" berichtete, Äußerungen des Unternehmers Egon Geerkens dem Nachrichtenmagazin gegenüber ließen den Schluss zu, dass die 500.000 Euro faktisch doch von ihm gekommen seien. Im Landtag hatte Wulff 2010 auf Nachfrage verneint, dass es eine Geschäftsbeziehung zwischen ihm und Geerkens gebe.

Wer war bei dem Geschäft federführend?

Anwälte von Wulff und von Geerkens wiesen die "Spiegel"-Darstellung am Freitag zurück und bekräftigten, das Darlehen habe Frau Geerkens gewährt, es sei auch von ihrem Konto ausgezahlt worden. Geerkens beharrte im Gespräch mit dem "Focus" darauf, dass das Darlehen vom Konto seiner Frau stamme. Er habe aber den Verrechnungsscheck der Bundesbank ausstellen lassen und diesen auch persönlich an Wulff übergeben.

Der "Spiegel" zitierte Geerkens, er selbst habe die Verhandlungen mit Wulff geführt. Für das Konto seiner Frau habe er eine Vollmacht, der Kredit sei auf beider gemeinsames Konto zurückgezahlt worden. Die Ausstellung eines anonymen Bundesbankschecks begründete er so: "Ich wollte nicht, dass irgendein Bank-Azubi sieht, dass so viel Geld von mir an Wulff fließt." Zugleich sagte er dem Magazin aber auch, das Geld stamme nicht von ihm: "Das stammt von meiner Frau."

Unternehmer sagt, er habe sich entschuldigt

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im niedersächsischen Landtag, Stefan Wenzel, zeigte sich irritiert über die neuen Informationen. "Wir haben den Eindruck, man hat auf unsere Frage nicht wahrheitsgemäß geantwortet", sagte er dem Radiosender NDR INfo mit Blick auf Wulffs Erklärung von 2010. "Entscheidend ist nicht die Frage, von welchem Konto das abgewickelt wurde, sondern entscheidend ist, wer der wirtschaftlich Berechtigte war, wer tatsächlich Eigentümer des Geldes war und wer diese Geschäftsbeziehung in die Wege geleitet hat. Das ist im Geldwäschegesetz ganz klar geregelt." Diese Fragen würden auch in einer Sitzung des Ältestenrates des niedersächsischen Landtags am kommenden Dienstag gestellt, sagte Wenzel.

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele sagte dem "Focus": "Wenn sich bestätigt, dass Herr Geerkens Verhandlungen mit Herrn Wulff geführt hat und der dies wusste, dann könnte das die Lage völlig verändern." Der Rechtspolitiker fügte hinzu: "Dann wird es eng für Herrn Wulff."

"Focus" zufolge soll sich Wulff bei Egon Geerkens für die Unannehmlichkeiten im Zuge der Berichterstattung entschuldigt haben. Von seiner Kuwait-Reise aus habe er seinen väterlichen Freund in einer SMS gebeten zu entschuldigen, dass er so in die Öffentlichkeit gezerrt werde. Der Ärger tue ihm leid. 

dpa