Neue Rundfunkgebühr: Keine Ausrede mehr für Schwarzseher

Neue Rundfunkgebühr: Keine Ausrede mehr für Schwarzseher
Ab 2013 soll die Rundfunkgebühr nicht mehr geräteabhängig, sondern pro Wohnung entrichtet werden. Darauf hatten sich die Ministerpräsidenten Ende 2010 geeinigt. Der schleswig-holsteinische Landtag muss jetzt als letztes Parlament noch abstimmen.
14.12.2011
Von Michael Ridder

Der schleswig-holsteinische Landtag wird an diesem Freitag aller Voraussicht nach eine historische Reform bei der Erhebung der Rundfunkgebühren besiegeln. Alle anderen Landesparlamente haben dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag bereits zugestimmt. Die Gesetzesnovelle sieht vor, dass die Rundfunkgebühr ab 2013 pro Haushalt und nicht mehr geräteabhängig erhoben wird. Die mitregierende FDP hatte bereits in der vergangenen Woche trotz "Zähneknirschen" ihre Zustimmung im Kieler Landtag signalisiert.

Der einheitliche neue Rundfunkbeitrag muss künftig pro Wohnung entrichtet werden, unabhängig davon, ob dort ein Fernseh- oder Radiogerät vorhanden ist. Hintergrund der Novelle ist, dass der bisherige rechtliche Anknüpfungspunkt des "Vorhaltens" von Rundfunkempfangsgeräten nicht mehr zeitgemäß erscheint. Während es früher durchaus Menschen gab, die auf einen Fernseher verzichtet haben, findet sich heute kaum noch jemand, der nicht privat einen PC oder ein internetfähiges Handy nutzt. Und mit diesen Geräten kann man immer mehr Fernseh- und Radiosender empfangen.

Für die meisten Gebührenzahler dürfte sich zunächst nicht viel ändern. Die genaue Gebührenhöhe legt die unabhängige Sachverständigenkommission KEF fest, bei der die Rundfunksender ihren Bedarf angemeldet haben. Die KEF hat bereits vorgeschlagen, die derzeitige monatliche Gebühr in Höhe von 17,98 Euro für einige Jahre beizubehalten. Dies hatten auch die Medienpolitiker gefordert. Ab 2013 will sich die Kommission genau ansehen, wie sich das Gebührenaufkommen entwickelt.

Im europäischen Trend

Die vielfach als "Schnüffelei" kritisierten Methoden der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) werden mit dem neuen Modell der Vergangenheit angehören, weil jeder Haushalt zahlen muss. Schwarzseher haben keine Ausrede mehr. Allerdings will die GEZ ab 2013 zeitweise 250 neue Mitarbeiter befristet einstellen, um die Modellumstellung zu bewältigen. Ab 2015 will die Behörde ihre heutige Stellenzahl um 100 reduzieren.

Die Haushaltsabgabe als Gebührenmodell liegt im europäischen Trend. Dennoch gibt es auch Kritik: Datenschützer monieren etwa, dass die GEZ künftig über eine riesige Datenmenge verfügen werde. Denn mit der Einführung der Haushaltsabgabe wird es einen einmaligen kompletten Meldedatenabgleich geben. ARD und ZDF verweisen aber darauf, dass die Daten ausschließlich für den Rundfunkbeitrag verwendet werden dürfen und nach zwölf Monaten wieder gelöscht werden müssen. Außerdem: Schon heute verständigen die Meldebehörden die GEZ über Umzüge und teilen die neue Adresse mit.

Für Betriebsstätten werden künftig je nach Zahl der Beschäftigten gestaffelte Gebühren fällig: In der niedrigsten Kategorie, wenn neben dem Inhaber bis zu acht Personen beschäftigt sind, muss ein Drittel des Beitrags gezahlt werden. Am anderen Ende der Skala zahlen Betriebe mit mehr als 20.000 Beschäftigten 180 Rundfunkbeiträge.

Kostenbefreiung für Geringverdiener bleibt

Eine Befreiung von der Beitragspflicht aus sozialen Gründen ist weiterhin möglich. Behinderte, die keinen Befreiungsgrund geltend machen können, sollen ein Drittel des Beitrags zahlen, ausgenommen sind taubblinde Menschen. In einer Protokollerklärung der Länder zum Staatsvertrag heißt es, mit diesen Beiträgen solle die Finanzierung barrierefreier Angebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio erleichtert werden. Sozialverbände haben dennoch Bedenken angemeldet: Bisher waren Schwerbehinderte generell von der Zahlung der Gebühr befreit.

Für Mietwagen soll nach dem neuen Modell eine Drittel-Gebühr pro Auto fällig werden, also 5,99 Euro. Bisher mussten die Autovermieter pro Wagen 5,76 Euro zahlen. Die Firma Sixt hat bereits angedroht, dass sie gegen die Neuregelung klagen will.

Die Ministerpräsidenten werden gespannt nach Kiel blicken. Wenn die Abgeordneten in Schleswig-Holstein zustimmen, bleibt den für die Medienpolitik zuständigen Länderchefs eine weitere Blamage erspart: Im Dezember 2010 hatte der Landtag in Nordrhein-Westfalen in letzter Sekunde seine Zustimmung zur Novelle des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags verweigert.

epd