Hartes Ringen: Weltklimagipfel dauert einen Tag länger

Hartes Ringen: Weltklimagipfel dauert einen Tag länger
Harter Kampf um den globalen Klimaschutz: In Durban ist ein rascher Durchbruch nicht in Sicht, und der Klimagipfel dauert schon einen Tag länger als geplant. Mehrere Kompromisspapiere liegen auf dem Tisch. Um den Druck auf die großen Klimasünder China und die USA zu erhöhen, schlossen sich EU und arme Staaten zu einer Allianz zusammen.

Beim UN-Klimagipfel in Durban ringen die Staaten so hart wie selten zuvor um ein neues Klimaabkommen. Die Europäische Union setzt alles auf eine Karte und schließt dabei auch ein Scheitern der Verhandlungen nicht aus. Die Konferenzpräsidentin, Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane, legte in der Nacht mehrere Kompromisspapiere auf den Tisch. Ursprünglich sollte der Gipfel bereits am Freitag zu Ende gehen. Beobachter erwarteten aber, dass er mindestens bis Samstagnachmittag dauern wird.

Die EU und weitere Industriestaaten möchten in Durban eine zweite Phase des Klimaschutzprotokolls von Kyoto beschließen, das 2012 endet. Sie stellen jedoch zur Bedingung, dass auch die großen Verschmutzer wie die USA und China feste Zusagen geben, wenigstens bis etwa 2015 verbindliche Klimaschutzziele zu vereinbaren.

Der erste Vertragsentwurf der Konferenzpräsidentin zu den Hauptpunkten wurde sofort von der EU und den kleinen Inselstaaten verworfen, weil er ihnen zu unverbindliche Ziele enthielt. Der zweite, etwas über eine Seite lange Entwurf machte zwar strengere Vorgaben. Jetzt komme es aber auf das Kleingedruckte an, meinte der Klimaexperte der Organisation Oxfam, Jan Kowalzig. Diesen dicken Anhang sollen die Minister jedoch erst am Samstagmorgen erhalten. Die Präsidentin hatte die offizielle Ministerrunde in der Nacht für ein paar Stunden unterbrochen.

Schulterschluss zwischen Europa und Entwicklungsländern

Am Freitag hatten mehrere Hundert Klimaschützer im Konferenzzentrum für einen verbindlichen Vertrag demonstriert. Einige Klimaschützer, darunter auch der Chef von Greenpeace International, Kumi Naidoo, wurden daraufhin von dem Gelände verbannt. Naidoo habe ebenso wie neun weitere Greenpeace-Demonstranten seine Einlasskarte abgeben müssen und dürfe bis Konferenzende das Gelände nicht mehr betreten, teilte Greenpeace mit.

Am Donnerstag hatten Europa und Entwicklungsländer beim Klimagipfel den Schulterschluss geübt: Die kleinen Inselstaaten schwenkten um, die afrikanischen Länder und die Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder gingen demonstrativ auf die Verhandlungsposition der Europäischen Union ein. Nun verlangen rund 120 Staaten neben einer Fortführung des Kyoto-Protokolls auch einen Fahrplan zu einem neuen Abkommen mit Pflichten für alle großen Treibhausgas-Produzenten.

Damit sollte der Druck auf die USA und Schwellenländer wie China steigen, sich zu rechtlich bindenden Verpflichtungen bereitzuerklären. Bei vergangenen Gipfeln hatte für die ärmsten Staaten nur eine zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls oberste Priorität bei den Verhandlungen. Zu den gemeinsamen Forderungen der rund 120 Staaten gehört auch der rasche Aufbau des globalen Klimafonds, der langfristig Gelder für Klimaschutz in armen Ländern bereitstellen soll.

"Für uns geht es in diesen Verhandlungen ums Überleben"

"Wir sind uns einig in unseren Zielen", erklärte der dänische Klimaminister Martin Lidegaard nach informellen Gesprächen der beteiligten Staaten, die durch Gambia, Bangladesch, die Malediven, Dänemark, Polen und Deutschland vertreten wurden. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sprach von einer "neuen politischen Situation": Es handele sich um einen Appell der Staatenmehrheit an die größten Treibhausgas-Produzenten außerhalb der Europäischen Union.

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Der Leiter der Verhandlungsgruppe afrikanischer Staaten, Tosi Mpanu-Mpanu, unterstrich: "Um die Sicherheit der Afrikaner zu gewährleisten", müssten sich alle bedeutenden CO2-Emittenten verpflichten. "Das Kyoto-Protokoll reicht nicht aus", sagt der Kongolese. Im Verhältnis zum Gesamtausstoß werde der Emissionsanteil der Kyoto-Staaten immer geringer.

Der Chef der Gruppe der ärmsten Staaten, der Gambier Ousman Jarju, lobte das Engagement der EU bei der Klimakonfernz. "Für uns geht es in diesen Verhandlungen ums Überleben", ergänzte er.

Klimaexperte hofft auf Einigung in Durban

Der Klimaexperte Niklas Höhne hält eine Fortschreibung des Kyoto-Protokolls noch für möglich. Er habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Teilnehmer des Weltklimagipfels in Durban sich auf ein Klimaschutzabkommen einigten, das dann nach 2020 gilt, sagte der Direktor für Klimapolitik und Energie der Beratungsgesellschaft Ecofys, Niklas Höhne, am Freitag im Deutschlandradio Kultur.

Es sei wichtig, das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll fortzuschreiben, da es zurzeit das einzig rechtlich verbindliche Abkommen sei und darüber auch der Druck auf weitere Staaten steige, nach 2020 ebenfalls Verpflichtungen einzugehen, sagte Höhne. "Sehr vielen Entwicklungsländern ist das Kyoto-Protokoll deswegen sehr, sehr wichtig", unterstrich der Experte. Unabhängig davon müsse der Klimaschutz weiterentwickelt werden, da der Anstieg der globalen Temperaturen voranschreite.

Im Kyoto-Protokoll hatten sich die Industriestaaten mit Ausnahme der USA zu einer Minderung ihrer CO2-Emissionen um durchschnittlich 5,2 Prozent bis 2012 verpflichtet. Für Schwellenländer wie China sind keine Klima-Ziele vorgesehen. Die Staaten, die sich an einer zweiten Verpflichtungsperiode des Protokolls beteiligen wollen, sind nur für 15 Prozent des globalen Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich.

Klimagipfel auf der Kippe

Der Weltklimagipfel in Durban droht zu scheitern. "Wenn wir im Vergleich zum Verhandlungsstand um vier Uhr heute Morgen keine weiteren Fortschritte erreichen, dann wird es in Durban keine Einigung geben", sagte EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard am Freitagvormittag. Ein Ergebnis sei zwar noch erreichbar. "Uns bleiben aber nur noch wenige Stunden Zeit", unterstrich sie.

Hedegaard bekräftigte das europäische Ziel, neben einer Verlängerung des Kyoto-Protokolls einen Fahrplan zu einem neuen Klimaabkommen zu verabschieden. Darin sollen Pflichten für alle großen Treibhausgas-Produzenten außerhalb der EU verabschiedet werden. Nach den Worten Hedegaards signalisieren zwar Brasilien und Südafrika Bereitschaft dazu, China und Indien aber noch nicht. Erst wenn sich alle vier großen Schwellenländer bewegen, wird auch ein Zugeständnis der USA denkbar, die bei den Klimaverhandlungen als die größten Bremser gelten.

Nach den Worten Röttgens gibt es inzwischen informelle Gespräche zwischen europäischen Ländern, den USA und den vier Schwellenländen. Erwartungsgemäß habe es aber dabei noch keine Annäherung gegeben, sagte er. Jetzt laufe die Uhr, der Druck müsse steigen.

Am ehesten sei Bewegung von China zu erwarten, fügte der Minister hinzu. Die bisherigen Erklärungen Pekings ließen eine tatsächliche Bereitschaft dazu aber noch nicht erkennen. Anfang der Woche hatte der chinesische Chef-Unterhändler Xie Zhenhua gesagt, sein Land sei unter Umständen bereit, über ein Klimaabkommen für die Zeit nach 2020 zu verhandeln. Unklar blieb jedoch, ob China in diesem Rahmen zu eigenen verbindlichen Verpflichtungen bereit wäre.

dpa/epd