Den Advent nicht zum Event machen

Den Advent nicht zum Event machen
Der erste Advent ist dieses Jahr so vollgepackt mit öffentlichen Großereignissen wie selten. Der Beginn des Advents wird zur Nebensache. Wenigstens die erste Adventskerze am Sonntag erinnert uns daran, wofür die Vorweihnachtszeit steht.
25.11.2011
Von Hanno Terbuyken

152 Millionen Amerikaner sollen an diesem Wochenende einkaufen gehen. Der amerikanische Einzelhändler-Verband "National Retail Federation" rechnet damit, dass rund die Hälfte aller Amerikaner am traditionellen "Black Friday", dem Freitag nach dem Feiertag Thanksgiving, in die Läden stürmt. Viele Läden haben bereits in der Nacht geöffnet, vor Sonnenaufgang schon drängten sich die Käufer auf der Suche nach dem besten Angebot durch die Gänge. Der Kaufrausch dauert das ganze Wochenende.

Im Wendland bereiten sich die Castorgegner auf die Ankunft der Atommüll-Container vor. Eigentlich sollte der Transport (wie im vergangenen Jahr) am Dannenberger Kartoffelsonntag fahren – dann wurde es nach Protesten aus der Stadt der erste Advent. Damit hatte wohl kein Lokalpolitiker ein Problem. In Stuttgart gehen die Menschen an die Wahlurnen: Der Volksentscheid über Stuttgart 21 wird abgestimmt.

Gleichzeitig tagt der Parteitag der Grünen in Kiel – nicht nur parallel zum Castor und zur S21-Abstimmung, sondern eben auch am ersten Advent. Was ist denn das für ein Start in die besinnliche Zeit? "Advent" und "Event" sind zwei verschiedene Wörter. Es gab eine Zeit (bis zum vorigen Jahrhundert), da war der Advent eine Fastenzeit, eine stille Zeit, eine Zeit der Besinnung und Ruhe!

Die Zeit nutzen, um zu reflektieren

Aber diese Zeit scheint vielerorts vorbei zu sein. Klar, für uns alle geht der Alltag weiter, im Handel ist die vorweihnachtliche Zeit sogar die umsatzstärkste und damit auch die arbeitsreichste, nicht nur in den USA. An Weihnachten schenken und beschenkt werden ist ja auch etwas Schönes. In den Hintergrund rückt dabei aber der Sinn und Ursprung der Adventszeit.

Christen erinnern an die Ankunft Jesu Christi, wir denken daran, wie der Gottessohn zu uns kam. Die Tage sind kurz, die Abende sind dunkel und die Nächte sind lang. Eigentlich die perfekten Bedingungen, um innezuhalten. Wann sonst findet sich die Gelegenheit, die Mühen des Tages (und des ablaufenden Kalenderjahres) zu reflektieren, ganz in Ruhe darüber nachzudenken, was uns bewegt und uns zu vergewissern, wer und was uns hält und stützt in der Welt? Der Sommerurlaub ist jedenfalls der falsche Ort dafür, auch wenn man ihn jetzt schon bucht, weil er gerade billig ist.

Den Advent nicht zum Event machen

Das Kirchenjahr beginnt mit dem ersten Adventssonntag. Es beginnt langsam, gemächlich, nachdenklich, aber auch in gespannter Erwartung – für jeden im christlichen Abendland, ob gläubig oder nicht, im Zweifel auch nur auf die Geschenke am Weihnachtsfest. Dieses Jahr wird der erste Advent allerdings ein bisschen vom Castor, von Parteitagen, vom Konsumrausch überrollt. Ein großer deutscher Medienmarkt wirbt heute mit der Schlagzeile "Weihnachten wird unterm Baum entschieden". Das nimmt hoffentlich keiner wörtlich. Denn die Weihnachtsbotschaft ist bereits entschieden, und wir haben noch vier Wochen Zeit, sie an uns heranzulassen.

Wir sollten den Advent nicht zum Event machen, dessen Höhepunkt der große Knall am 24. Dezember ist. Am Sonntag wird die erste Kerze auf ganz vielen Adventskränzen brennen. Erinnern wir uns dann daran, dass Jesus als das Licht der Welt auf die Erde gekommen ist – und schlagen uns die Gedanken an den nächsten Super-Deal zumindest für einen Tag aus dem Kopf.


Hanno Terbuyken ist Redakteur bei evangelisch.de.