Deutsche Jüdin wird Rabbinerin in Bamberg

Deutsche Jüdin wird Rabbinerin in Bamberg
Für die jüdischen Gemeinden in Deutschland war es ein denkwürdiger Tag: Fünf Absolventen des liberalen Abraham-Geiger-Kollegs wurden in Bamberg zu Rabbinern ordiniert - darunter die erste in Deutschland geborene Rabbinerin seit der Schoa.

Vier Männer und eine Frau sind am Mittwoch in der Bamberger Synagoge "Or Chajim" zu Rabbinern ordiniert worden. Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, zeigte sich berührt und bewegt. "Das ist ein Festtag - wir Juden in Deutschland hungern nach rabbinischer Betreuung", sagte er. Die Ordination war auch eine Nachkriegspremiere: Erstmals seit dem Holocaust wurde mit der gebürtigen Nürnbergerin Antje Yael Deusel eine aus Deutschland stammende Frau im eigenen Land zur Rabbinerin ordiniert.

"Man lehrt am besten durch sein Leben"

Neben der 51-jährigen Deusel wurden der aus dem französischen Lille stammende Yann Boissière, der Ukrainer Yuriy Kadnykov, der gebürtige Bielefelder Jona Simon und Paul Moses Strasko aus Montana in den USA in ihr Amt eingeführt. Sie alle sind Absolventen des liberalen Potsdamer Abraham-Geiger-Kollegs. Die Segenszeremonie übernahm der Präsident des Kollegs, der US-amerikanische Oberrabbiner Walter Jacob aus Pittsburgh. Die Rabbiner werden in jüdischen Gemeinden in Bamberg, Paris, Mönchengladbach, Genf sowie im Landesverband Niedersachsen arbeiten.

Oberrabbiner Jacob ermutigte die neuen Rabbiner, sich auch mit den Problemen der modernen Welt auseinanderzusetzen: "Man lehrt nicht nur durch Wörter, man lehrt am besten durch sein Leben", sagte er. Das werde für die Rabbiner und ihr Gemeinden nicht immer einfach sein, "denn die Gedanken des Rabbiners werden oft ganz anders sein, als die Gedanken der Zeit". Rabbiner dürften eben "nicht nur Populäres sagen", sondern auch das aussprechen, was nötig sei.

"Wir brauchen neue Rabbiner wie die Luft zum Atmen"

Zentralratspräsident Graumann bezeichnete die Ordination der fünf Rabbiner als "Zeichen der Hoffnung". Deutschland sei über viele Jahrzehnte hinweg "jüdisch und rabbinisch ziemlich ausgetrocknet" gewesen. "Wir brauchen neue Rabbiner wie die Luft zum Atmen", sagte er: "Sie sollen uns den Himmel näher bringen, fallen aber nicht einfach vom Himmel." Er wünsche sich "100 weitere neue Rabbiner", damit das Judentum in Deutschland wieder neu erblühen könne. "Rabbiner made in Germany" solle zum Markenzeichen und Exportschlager werden.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, er sei "zutiefst dankbar, dass es hier in Bamberg, in Bayern und in ganz Deutschland wieder vielfältiges jüdisches Leben gibt". Das Judentum in Bayern habe eine mehr als 1.000-jährige Tradition. "Nach dem Holocaust hätte sich niemand vorstellen können, dass in Deutschland wieder jüdische Kultur und jüdisches Leben erwachen", sagte er.

Abraham-Geiger-Kolleg besteht seit 1999

Das Abraham-Geiger-Kolleg wurde 1999 gegründet und arbeitet mit der Universität Potsdam zusammen. Die ersten drei Absolventen wurden 2006 in Dresden zu Rabbinern ordiniert. 2009 und 2010 folgten in Berlin weitere Ordinationen, darunter der ersten Frau, die nach dem Holocaust in Deutschland zur Rabbinerin ordiniert wurde.

Zum Festakt waren neben zahlreichen Rabbinern aus aller Welt auch der Präsident des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, Josef Schuster, sowie Bayerns evangelischer Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Bambergs katholischer Erzbischof Ludwig Schick gekommen.

epd