Annette Kurschus rückt an die Spitze der westfälischen Kirche

Annette Kurschus rückt an die Spitze der westfälischen Kirche
Erstmals rückt eine Frau an die Spitze der Evangelischen Kirche in Westfalen. Nachfolgerin von Präses Alfred Buß, der im kommenden Jahr in den Ruhestand geht, wird die bisherige Siegener Superintendentin Annette Kurschus (48).

Kurschus erhielt 143 von 182 abgegebenen Stimmen. Ihre Gegenkandidatin Angelika Weigt-Blätgen (56) erhielt 27 Stimmen. Es gab zwölf Enthaltungen. Die Evangelische Kirche von Westfalen ist mit 2,5 Millionen Mitgliedern die viertgrößte der 22 evangelischen Landeskirchen in Deutschland. Sie erstreckt sich zwischen Minden und Bocholt, Tecklenburg und Siegen und ist gegliedert in 31 Kirchenkreise mit derzeit 532 Gemeinden. Der 64-jährige Buß steht seit 2004 an der Spitze der Landeskirche.

Annette Kurschus wurde am 14. Februar 1963 in Rotenburg an der Fulda geboren und wuchs in Obersuhl und Siegen auf. Nach dem Theologiestudium in Bonn, Marburg, Münster und Wuppertal wurde sie 1989 Vikarin und 1993 Gemeindepfarrerin in Siegen. Seit 2005 steht sie als Superintendentin an der Spitze des Kirchenkreises Siegen, des größten der 31 westfälischen Kirchenkreise. 2002 wurde die Theologin Mitglied im Moderamen (Leitungsgremium) des Reformierten Bundes in Deutschland. Seit 2003 gehört sie auch dem Liturgischen Ausschuss der Union Evangelischer Kirchen (UEK) an. Annette Kurschus ist ledig und hat keine Kinder. Als ein "Lebenselixier" bezeichnet sie die Musik, besonders Gesang und Cello.

"Ich bin sehr bewegt"

In ihren Dankesworten nach der Wahl sagte Kurschus, sie sei "sehr bewegt" von der Rückendeckung, das die Synode ihr gezeigt habe. Sie zitierte den Satz eines Theologen. "Es geht mit uns Gott weiß wohin". Dies sei eine tiefe Zuversicht, von der sie persönlich getragen werde und die dieser Kirche gelte. Ihr künftiges Amt nannte Kurschus ein "verheißungsvolles Unternehmen". Sie zollte zugleich ihrer Gegenkandidatin Weigt-Blätgen großen Respekt. "Wir beide haben das tapfer durchgestanden", sagte sie mit Blick auf die Anspannung sowie das Medieninteresse vor der Wahl.

Zu den ersten Gratulanten gehörte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider. Dass die Wahl am Buß- und Bettag stattfinde, sei eine "grundlegende Perspektive". Umzukehren gehöre für die Christen zu den "großartigsten Möglichkeiten unseres Lebens". Auch Neuanfänge könne man wagen. Gott suche die Menschen spreche sie immer wieder neu an, sie könnten seiner Liebe vertrauen. "Dass Ihre Leitungsdienste von dieser Grunddimension unseres Glaubens bestimmt sein mögen, das wünsche ich Ihnen", sagte Schneider, an die neue Präses gerichtet.

Der rheinische Präses sprach von einem Freudentag für die Kirche in der gesamten Region. Schneider überreichte Kurschus ein Weinpräsent und sagte mit Blick auf die gewählte Sorte: "Damit die Messlatte stimmt: Chateau-Neuf-du-Pape".

Theologische Konzentration, ökumenische Weite

Annette Kurschus (Foto: epd-bild) steht nach Angaben der Landeskirche für theologische Konzentration, wache Zeitgenossenschaft und ökumenische Weite. Auch in Zukunft werde die Kirche "Strahlkraft behalten, liebenswert und wegweisend sein. Das ist uns von Gott verheißen – und im Vertrauen auf diese Verheißung lebe und arbeite ich in der Kirche", so die Theologin. Auf das Wort, aus dem die Kirche lebe und das sie weitergebe, könne die Gesellschaft nicht verzichten.

Die Superintendentin zitiert das Barmer Bekenntnis der Bekennenden Kirche von 1934: "Die Botschaft von der freien Gnade Gottes ausrichten an alles Volk" ist demnach Auftrag der Kirche. Annette Kurschus: "Mit Leidenschaft habe ich diesen Auftrag zwölf Jahre lang als Pastorin zusammen mit der Kirchengemeinde vor Ort wahrgenommen; demselben Auftrag stelle ich mich seit sechs Jahren unter anderen Herausforderungen als Superintendentin in der Gemeinschaft eines großen Kirchenkreises; gern würde ich den Auftrag auch auf landeskirchlicher Ebene mit all ihrer Vielfalt in verantwortlicher Position mit Leben füllen. Und zwar in theologischer Konzentration, wacher Zeitgenossenschaft und ökumenischer Weite."

evangelisch.de