Kurort distanziert sich von Fliege-Kongress

Kurort distanziert sich von Fliege-Kongress
Der bayerische Kurort Bad Wörishofen distanziert sich von dem Kongress "Wörishofener Herbst" des früheren Fernsehpfarrers Jürgen Fliege. Seit seiner Äußerung, Gott und Kirche seien "erst mal scheißegal", läuft ein Disziplinarverfahren gegen den Pfarrer im Ruhestand. Jetzt gibt es wieder Ärger - um einen Ratgeberartikel in seinem eigenen Magazin. Das Thema: Wie trete ich aus der Kirche aus?

Man werde die Vereinbarung mit Fliege noch einmal erfüllen, den Kongress, der am Freitag beginnt, aber kritisch beobachten, sagte Kurdirektor Alexander von Hohenegg am Mittwoch in Bad Wörishofen. Die jüngste mediale und kirchliche Kontroverse um Fliege werfe "Fragen auf, die eine weitere Verbindung infrage stellen".

"Kirchen vernachlässigen spirituelle und therapeutische Tradition"

Fliege, gegen den ein Disziplinarverfahren der Evangelischen Kirche im Rheinland läuft, wies Vorwürfe gegen ihn zurück. Er stehe keineswegs Scientology nahe, sagte er. Die europäischen Kirchen hätten ihre spirituelle und therapeutische Tradition vernachlässigt. Er selbst sehe sich in der Tradition von Albert Schweitzer und Sebastian Kneipp, die als christliche Heiler in ihrer Zeit auch Missverständnissen ausgesetzt gewesen seien, betonte er. Der Kongress suche auch das Gespräch mit nicht-christlichen Therapeuten und Heilern.

Nach Angaben von Fliege haben einige Referenten ihre Teilnahme am Wörishofener Herbst abgesagt, darunter die Naturheilkundlerin und frühere bayerische Grünen-Abgeordnete Barbara Rütting. Fliege erwartet wie im letzten Jahr 350 Dauerteilnehmer und über 1.000 Tagesgäste zum Kongress.

Gott und die Kirche? Estmal scheißegal

Fliege ist Ruhestandspfarrer der rheinischen Kirche. Vor knapp drei Wochen war bekanntgeworden, dass die Landeskirche ein Disziplinarverfahren gegen den Theologen eingeleitet hat. Das evangelische Kirchenrecht sieht ein Disziplinarverfahren vor, wenn ein Pfarrer seine "Amtspflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt", unabhängig davon, ob er im aktiven Dienst oder bereits im Ruhestand ist. Am Ende des Verfahrens können unter anderem ein Verweis, eine Kürzung der Bezüge oder gar die Entfernung aus dem Amt stehen.

Fliege ist mehrfach in Konflikt mit der evangelischen Kirche geraten. Vor kurzem geriet er wegen der von ihm vertriebene "Fliege-Essenz" in die Kritik. Außerdem soll Fliege einem Zeitungsbericht zufolge im Gespräch mit einem Brautpaar gesagt haben, Gott und Kirche seien "erst mal scheißegal", es komme auf die Seele an. Fliege war Pfarrer in Düsseldorf, Essen und Aldenhoven bei Aachen, bevor er 1994 in der ARD mit einer nach ihm benannten Talkshow auf Sendung ging. 2005 wurde das Format eingestellt.

Anleitung zum Kirchenaustritt im "Fliege"-Magazin

Nun droht Fliege weiterer Ärger mit der Evangelischen Kirche im Rheinland. Das Disziplinarverfahren, das die Landeskirche gegen ihn eingeleitet hat, könnte ausgeweitet werden. Grund ist ein Artikel in der aktuellen Ausgabe seiner Zeitschrift "Fliege", in dem Tipps zum Kirchenaustritt gegeben würden. Allerdings ist der Beitrag nicht von dem 64-Jährigen selbst verfasst.

Unter dem Titel "Ich glaube an Gott, aber nicht an die Kirche" wird in dem Magazin, als dessen Herausgeber Fliege firmiert, eine neue Serie über Kirchenaustritte angekündigt. In einem Infokasten werden praktische Tipps für den Austritt gegeben - von der zuständigen Stelle bis zu erforderlichen Unterlagen.

Bei der Landeskirche in Düsseldorf ist der Text bekannt, der Vorgang werde juristisch geprüft, bestätigte eine eine Kirchensprecherin. Generell gelte, dass ein kirchliches Disziplinarverfahren erweitert werden könne, "wenn sich neue Vorwürfe oder Vorgänge ergeben".

epd