Der Euro-Rettungstag im Bundestag und Brüssel

Der Euro-Rettungstag im Bundestag und Brüssel
Ein wichtiger Tag für die Eurozone: Erst stimmt der Bundestag über einen schlagkräftigeren Euro-Rettungsschirm ab, dann wollen die europäischen Staats- und Regierungschefs beim Krisengipfel in Brüssel die am Wochenende noch vertagten Entscheidungen treffen.

Auf dem zweiten EU-Gipfel binnen vier Tagen soll heute (Mittwoch) in Brüssel der große Befreiungsschlag im Kampf gegen die Schuldenkrise gelingen. Vorher steht eine Abstimmung im Bundestag an: Dabei dürfte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine breite Rückendeckung für ihren Kurs bekommen. In einem Antrag wollen die Fraktionen von Union, FDP, SPD und Grüne aber auch Grenzen für die Verhandlungen Merkels in Brüssel ziehen.

Am Abend (18 Uhr) treffen sich in Brüssel zunächst die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedsländer. Anschließend beraten die "Chefs" der 17 Euro-Länder über Maßnahmen, die Europa finanziell wieder auf Kurs bringen sollen. Einig werden müssen sich die Länder im Kern über drei Themen: Neue Finanzhilfen für Griechenland, die Beteiligung der Banken an den Rettungskosten und eine Stärkung des Krisenfonds für angeschlagene Euro-Länder (EFSF).

Opposition in Griechenland soll harte Reformen mittragen

Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou will die Opposition zur Unterstützung seines unpopulären Reformkurses zwingen. Das nach dem Brüsseler Gipfel erwartete Sparpaket soll nun von einer breiten Mehrheit im Parlament abgesegnet werden. Dies geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung von Finanzminister Evangelos Venizelos hervor. Um dafür die notwendigen 180 von 300 Stimmen im Parlament zu erhalten, braucht Papandreou die Zustimmung von Abgeordneten der Opposition.

Die sozialistische Regierung strebt statt der eigentlich erforderlichen einfachen Mehrheit eine Drei-Fünftel-Mehrheit an. Mit diesem Plan geht sie ein hohes Risiko ein: Spielen die Konservativen nicht mit, könnte es zu vorgezogenen Wahlen kommen. Das wiederum würde wertvolle Zeit kosten - Griechenland muss weitere harte Sparmaßnahmen möglichst schnell auf den Weg bringen.

Im Bundestag zeichnet sich breite Mehrheit für EFSF ab

Der Bundestag stimmt noch vor dem Gipfel darüber ab, ob der Euro-Rettungsfonds mit einer Schlagkraft von mehr als einer Billion Euro ausgestattet wird. Mit dem Entschließungsantrag wollen die Parteien unter anderem sicherstellen, dass der vereinbarte deutsche Garantierahmen von 211 Milliarden Euro für den Rettungsfonds strikt eingehalten wird.

Die schwarz-gelbe Koalition rechnet zwar mit einer eigenen Mehrheit, dämpfte aber Erwartungen, wie bei der Abstimmung Ende September wieder die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit zu erreichen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sieht in dem Votum eine ausreichende Grundlage für Festlegungen Merkels beim EU-Gipfel. "Wir sichern damit eine unzweifelhafte Legitimation für mögliche Verhandlungsergebnisse oder einen Abschluss des Gipfels", sagte Lammert der "Mitteldeutschen Zeitung" (Mittwoch).

Schuldenschnitt und zwei Optionen für EFSF

Die Brüsseler Gipfelrunde will nicht nur den Rettungsschirm weiter aufspannen, sondern auch das wirtschaftliche Überleben Griechenlands sichern. Europas Banken sollen auf einen harten Schuldenschnitt des Pleite bedrohten Landes vorbereitet werden - notfalls mit staatlichem Zwang und Kapital.

Schon seit dem Wochenende streiten Banken und Euro-Staaten über die Höhe des Forderungsverzichts. Diplomaten in Brüssel gingen davon aus, dass mit Ergebnissen erst beim Gipfel zu rechnen sei. Diesen Informationen zufolge sind die Banken zu einem Schuldenschnitt von 40 Prozent bereit, die Euro-Gruppe will 50 bis 60 Prozent.

Zwei Optionen für die Stärkung des EFSF liegen auf dem Tisch: eine Teilabsicherung neuer Anleihen aus Risikoländern und ein Kreditsondertopf unter Einbeziehung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Derzeit kann der Fonds maximal 440 Milliarden Euro Notkredite verleihen.

Merkel machte noch einmal klar, wie schwierig es sei, derzeit die richtigen Entscheidungen zu treffen. "Wir bewegen uns hier in einem Gebiet, in dem wir alle miteinander Neuland beschreiten", sagte sie. Bei den Verhandlungen in Brüssel sei sie ihrem Amtseid verpflichtet, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.

Angeblich Rücktritt Berlusconis und Neuwahlen 2012

Der angeschlagene Regierungschef Silvio Berlusconi will nach unbestätigten italienischen Zeitungsberichten um den Jahreswechsel herum zurücktreten. Berlusconi habe dies angeblich mit Umberto Bossi in einem "geheimen Pakt" vereinbart und dem Partner in der Regierungskoalition damit Neuwahlen im März 2012 versprochen, schreibt die römische Zeitung "La Repubblica" am Mittwoch, ohne Quellen für diese Information zu nennen. Auch die Turiner "La Stampa" berichtete von einer Vereinbarung in der Mitte-Rechts-Koalition, im Frühjahr nächsten Jahres vorgezogene Wahlen abzuhalten. Die Legislaturperiode läuft regulär im Frühjahr 2013 aus.

Bossi habe diese Vereinbarung mit Berlusconi in einem nächtlichen Gespräch vor dem EU-Gipfel geschmiedet, auf dem Brüssel von dem hoch verschuldeten Italien schriftliche Zusagen über Sanierungen erhalten wollte. Der Chef der populistischen Lega Nord habe als Gegenleistung in dem Pakt widerstrebend einer Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre zugestimmt, lehne eine Erhöhung der Dienstaltersjahre bis zur Pensionierung jedoch weiterhin ab, heißt es. Man erspare ihm die "Blamage", in Brüssel mit leeren Händen anzukommen, soll Berlusconi gesagt haben. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

dpa