Land in Sicht: Nordkirche diskutiert ihre Verfassung

Land in Sicht: Nordkirche diskutiert ihre Verfassung
Vier Tage lang werden mehr als 200 Kirchenparlamentarier aus Ost und West in der Nordkirchen-Synode in Heringsdorf um die Verfassung der Nordkirche ringen. Es geht vor allem um Details - und die bergen jede Menge Sprengstoff.
19.10.2011
Von Thomas Morell

Die großen Klippen hat die Nordkirche bereits erfolgreich umschifft. Nach den Stürmen um Bischofssitze und Standorte hat das Kirchenschiff ruhiges Fahrwasser erreicht. Doch ehe der Dreimaster den sicheren Hafen der Fusion erreicht, muss er noch mit unvorhergesehenen Untiefen rechnen.

Die Tagesordnung ist kurz, die Debatten werden lang: Von Donnerstag bis Sonntag werden 266 Kirchenparlamentarier aus Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein im Seebad Heringsdorf auf Usedom in zweiter Lesung die neue Verfassung und das Einführungsgesetz diskutieren. Die endgültige Entscheidung wird dann im Januar 2012 in Rostock-Warnemünde fallen. Pfingsten 2012 soll die Fusion der Landeskirchen Mecklenburg, Nordelbien und Pommern dann gefeiert werden.

Die entscheidenden Kompromisse für die künftige Nordkirche wurden bereits am 5. Februar 2009 in Ratzeburg gefunden: Danach bleibt das Kirchenamt in Kiel, der neue Landesbischof wird 160 Kilometer entfernt in Schwerin residieren. Im nächsten Jahr soll der Landesbischof der Nordkirche gewählt werden. Favorit ist der Schleswiger Bischof Gerhard Ulrich, der zur Zeit Vorsitzender der Gemeinsamen Kirchenleitung der Nordkirche ist. Doch derzeit ist noch völlig offen, ob Ulrich überhaupt kandidieren wird. Neben dem Landesbischof soll es langfristig drei Sprengelbischöfe in Schleswig, Hamburg und Greifswald geben. In Hamburg wird Kirsten Fehrs am 15. November ihr neues Amt antreten, in Schleswig bleibt Bischof Ulrich im Amt.

Unterschiedliche Gehälter werden schrittweise angeglichen

Kompliziert wird es in Mecklenburg-Vorpommern: Per Gesetz soll festgelegt werden, dass es bis 2018 übergangsweise zwei Sprengelbischöfe geben soll, obwohl es der mit Abstand kleinste Bischofsbezirk ist. Die Amtszeit von Bischof Hans-Jürgen Abromeit in Pommern endet bereits 2013 und soll noch einmal verlängert werden. Andreas von Maltzahn in Schwerin sollte ursprünglich nur bis zur Fusion mit der Pommerschen Kirche mecklenburgischer Bischof bleiben. Da es jetzt aber eine Dreier-Fusion mit Nordelbien gibt, ist die Vereinbarung hinfällig.

Die unterschiedlichen Gehälter in Ost und West werden schrittweise angeglichen. So sollen die Pastorengehälter in Mecklenburg-Vorpommern bis 2018 auf West-Niveau steigen. Die Angleichung bei den Angestellten soll wesentlich schneller kommen. Bischof Abromeit geht davon aus, dass sie bereits in zwei Jahren abgeschlossen ist.

Auch die Regelung für das kirchliche Arbeitsrecht zählt zu den Punkten, die praktisch bereits entschieden sind. Während für Hamburg und Schleswig-Holstein der kirchliche Arbeitgeberverband mit den Gewerkschaften die Tarife aushandelt ("Zweiter Weg"), verhandeln in Mecklenburg-Vorpommern die Kirchenleitungen direkt mit Vertretern der Mitarbeiter ("Dritter Weg"). Zumindest sechs Jahre lang sollen beide Wege in der jeweiligen Region fortgeführt werden.

Bei homosexuellen Pfarrern wartet die Nordkirche aufs EKD-Dienstrecht

Strittig in der Synode ist die "Ewigkeitsklausel" für Pommern. Weil der künftige Kirchenkreis Pommern in der Nordkirche nach Dithmarschen der zweitkleinste ist, befürchten die Pommern, sie könnten in ferner Zukunft mit Mecklenburg zusammengelegt werden. Alle gegenteiligen Beteuerungen in den Synodendebatten konnten den Pommern diese Sorge nicht nehmen. Im derzeitigen Gesetzentwurf kann der Kirchenkreis Pommern nur mit Zustimmung seiner eigenen Synode verändert werden.

Über den Umgang mit der Homosexualität gehen die Meinungen nach wie vor weit auseinander. Während in der Nordelbischen Kirche homosexuelle Pastoren mit ihren Lebenspartnern zusammen leben dürfen, ist dies in Pommern noch nicht gestattet. Die Nordkirche will darüber entscheiden, wenn die Übernahme des bundesweit einheitlichen Dienstrechts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ansteht.

Dass der Dreimaster Nordkirche an Heringsdorf ohne größere Unfälle vorbeisegeln wird, gilt als sicher. Am Ende braucht es für einen Erfolg nur die einfache Mehrheit der drei Einzelsynoden. Ihr Geschick als Seeleute müssen die vielen Kapitäne der Nordkirche aber bei der tückischen Hafeneinfahrt in Warnemünde im Januar 2012 unter Beweis stellen. In der Endabstimmung ist eine Zweidrittel-Mehrheit jeder der drei Einzelsynoden notwendig.

epd