Die Situation an der Grenze zwischen Kenia und Somalia spitzt sich zu: Das kenianische Militär soll Luftangriffe auf Stützpunkte der radikalislamischen Al-Schabaab-Miliz im Süden Somalias geflogen haben, berichtete ein Reporter des britischen Senders BBC am Montag. Die Miliz hat daraufhin Kenia mit Vergeltung gedroht, falls es seine Soldaten nicht zurückziehe. Ein Sprecher rief "alle Mudschaheddin-Kämpfer und Muslime" dazu auf, "ihr Territorium gegen die feindlichen Truppen zu verteidigen".
Hintergrund der Feindseligkeiten ist die Entführung mehrerer Europäerinnen aus Kenia. Sie wurden in den vergangenen Wochen vermutlich von Al-Schabaab-Kämpfern nach Somalia verschleppt. Die Miliz kontrolliert große Teile des von einer Hungerkatastrophe heimgesuchten Bürgerkriegslandes. Sie kämpft seit Jahren gegen die vom Westen unterstützte Übergangsregierung. Allerdings musste die Schabaab-Miliz, die in Somalia die islamische Rechtssprechung Scharia durchsetzen will, zuletzt schwere militärische Rückschläge einstecken. Dazu zählt auch die Vertreibung aus der Hauptstadt Mogadischu.
Kenia schickt Panzer nach Somalia
Das kenianische Militär war mit Panzern und Helikoptern mehr als 100 Kilometer tief auf somalisches Gebiet vorgerückt, um eine Pufferzone im Grenzgebiet zwischen den beiden Ländern zu schaffen. Unklar war zunächst, ob die Aktion Kenias mit der Übergangsregierung in Mogadischu abgesprochen war. "Wir verstehen die Besorgnis Kenias sehr gut", sagte der UN-Sondergesandte in Somalia, Omar Jamal, der BBC. "Aber die somalische Regierung muss über jede Aktion informiert sein und genau und in allen Details wissen, was vor sich geht." Wenn dies nicht der Fall sei, handele es sich um ein schwerwiegendes territoriales Eindringen eines fremden Landes.
Der Sprecher der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM), Paddy Akunda, sagte der Nachrichtenagentur dpa, Somalia sei ein souveräner Staat, und Kenia sei deshalb verpflichtet, die Regierung zu informieren.
Der kenianische Außenminister Moses Masika Wetangula hatte zuvor erklärt, mit dem militärischen Vordringen werde einem Gesuch der somalischen Regierung nachgekommen, jedoch handele Kenia auch in eigenem Interesse. Die Al Schabaab sei eine "Gruppe, die Terror und Chaos verbreitet und Morde und Entführungen durchführt, und zwar sowohl unter Somaliern als auch unter Kenianern und Besuchern".
Islamisten drohen mit Vergeltung
In der vergangenen Woche waren zwei spanische Mitarbeiterinnen der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" in der Nähe des kenianischen Flüchtlingscamps Dadaab gekidnappt worden. Der kenianischen Polizei gelang es trotz des Einsatzes von Hubschraubern nicht, die Entführer zu stellen. Zuvor soll die Gruppe, die Verbindungen zum Terrornetzwerk Al Kaida hat, bereits eine Britin und eine Französin vom kenianischen Inselarchipel Lamu nach Somalia verschleppt haben.
Die kenianischen Soldaten würden es "bereuen", auf somalisches Gebiet vorgedrungen zu sein, warnte Al-Schabaab-Sprecher Scheich Hassan Turki. "Sie werden auf heilige Kämpfer treffen und am Ende nur Leichen und verletzte Soldaten zurückbringen, während wir die feindlichen Waffen beschlagnahmen", fügte er hinzu.