Proteste der Tibeter: Selbstverbrennung und Schüsse

Proteste der Tibeter: Selbstverbrennung und Schüsse
Die Spannungen in den tibetischen Gebieten in Südwestchina breiten sich aus. Immer wieder zünden sich Tibeter selbst an, um ihren Widerstand gegen die chinesische Herrschaft zu demonstrieren. Truppen wurden in die Unruheregion entsandt. Es wird auch wieder geschossen.

Proteste, Selbstverbrennungen und Schüsse: Die Zwischenfälle in den tibetischen Gegenden in Südwestchina nehmen zu. Erstmals zündete sich eine buddhistische Nonne aus Protest gegen die chinesische Herrschaft über die Tibeter an und kam ums Leben. Es war die neunte Selbstverbrennung in der tibetischen Region der Provinz Sichuan seit März und die fünfte allein in diesem Monat, wie die in London ansässige Organisation Free Tibet am Dienstag berichtete. Bei solchen Aktionen seien damit schon vier Tibeter ums Leben gekommen.

Selbstverbrennung tibetischer Nonne

Bei einem Protest hätten ferner chinesische Sicherheitskräfte zwei Tibeter niedergeschossen. Ihr Schicksal sei unbekannt, berichte Free Tibet. Die Demonstranten in Khekor (Kege) hätten "Freiheit für Tibet" und die Rückkehr des Dalai Lamas, des religiösen Oberhauptes der Tibeter, gefordert. Der neue politische Führer der Exiltibeter, Regierungschef Lobsang Sangay, sah klare Zeichen für die "tiefe Verbitterung und Verzweiflung" der Tibeter. Die Probleme müssten dringend an der Wurzel angepackt werden.

Die etwa 20 Jahre alte Nonne Tenzin Wangmo habe sich nahe ihrem Kloster Mamae Dechen Choekhorling drei Kilometer außerhalb der Stadt Ngaba (Aba) angezündet. Brennend habe sie nach religiöser Freiheit und der Heimkehr des im indischen Exil lebenden Dalai Lamas gerufen, berichtete Free Tibet unter Berufung auf exiltibetische Quellen. Andere Nonnen hätten ihre Leiche in das Kloster getragen, obwohl chinesische Sicherheitskräfte die Herausgabe gefordert hätten.

Tibetischer Ex-Mönch zündet sich selbst an

Am vergangenen Wochenende hat sich ein ehemaliger tibetischer Mönch aus Protest gegen die chinesische Herrschaft in Tibet im Südwesten Chinas selbst angezündet. Der 19 Jahre alte Mann habe überlebt, aber schwere Brandverletzungen erlitten, teilten exiltibetische Gruppen am Sonntag mit.

Den Angaben zufolge hat sich der frühere Mönch in der Stadt Aba in der Provinz Sichuan am Samstagmittag angezündet. Zeugen berichteten, der junge Mann habe Parolen wie "Freiheit in Tibet" gerufen. Bis Juni 2010 war er Mönch in dem Kloster Kirti am Stadtrand von Aba.

Unruhen in Tibet eskalieren

"Die Unruhen in Tibet weiten sich aus und eskalieren", sagte Stephanie Brigden von Free Tibet. "Die Zahl und Häufigkeit der Selbstverbrennungen ist beispiellos." Informationen aus der Region deuteten darauf hin, dass noch mehr Tibeter zum Selbstmord bereit seien, um auf die anhaltenden und brutalen Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen, unter denen die Tibeter litten. Dabei sei die Selbstverbrennung keineswegs eine traditionelle Form des Protests.

Die erste Selbstverbrennung geschah im März aus Anlass des dritten Jahrestages der schweren Unruhen der Tibeter von 2008, bei denen damals in Ngaba 13 Tibeter erschossen worden waren. Free Tibet sprach von einer "übertriebenen Reaktion" der chinesischen Behörden, indem daraufhin viele Truppen stationiert worden seien, Menschen willkürlich festgenommen, Straßensperren errichtet, Häuser durchsucht sowie Internet- und andere Kommunikationsmöglichkeiten zeitweise unterbrochen worden seien.

Schätzungsweise 300 Mönche des Kirti-Klosters, das im Zentrum der Spannungen steht, seien zwangsweise zur "patriotischen Erziehung" geschickt worden. Sechs Mönche seien im Zusammenhang mit den Selbstverbrennungen zu Haftstrafen verurteilt worden. Die Zahl der Mönche in dem Kloster sei von 2.500 im März auf 600 gefallen, berichtete Free Tibet. Allein sieben der acht Mönche, die sich bisher selbst angezündet hatten, stammten von dem Kirti-Kloster.

dpa