Syrischer Botschafter sorgt für Eklat nach UN-Abstimmung

Syrischer Botschafter sorgt für Eklat nach UN-Abstimmung
Nach der Abstimmung über eine UN-Resolution gegen das Regime in Damaskus hat der syrische UN-Botschafter Baschar Dschaafari für einen Eklat im UN-Sicherheitsrat gesorgt. In Syrien sterben Tausende, doch die Vereinten Nationen bleiben sprachlos. Eine weiche Resolution hat am Dienstagabend zwar eine Mehrheit im Sicherheitsrat gefunden, Russland und China brachten mit ihrem Veto das Papier aber zu Fall. In der UN gibt es offenen Streit.

Dschaafari griff scharf die Länder an, die einen Resolutionsentwurf gegen die syrische Regierung eingebracht hatten - auch Deutschland. US-Botschafterin Susan Rice reizte er sogar so sehr, dass sie empört den Saal verließ. Die Resolution scheiterte letztendlich am Widerstand von Russen und Chinesen.

Deutschland, der dritte Musketier

Nach heftigen Angriffen gegen Großbritannien und Frankreich sagte Dschaafari mit großem Spott und zusammengekniffenen Augen: "Und dann ist da Deutschland, der dritte Musketier". "Deutschland, dass die Juden in Europa verfolgte, spielt sich nun als ehrlicher Makler einer verlogenen und betrügenden Resolution auf."

Auch die Vorwürfe gegen die USA hatte Dschaafari zuvor schon in Zusammenhang mit Israel gebracht. Jede Hilfe der USA für Israel, jede Entscheidung bei den Vereinten Nationen für Israel sei "Beihilfe zum Völkermord", sagte der Syrer. Die US-Delegation hatte daraufhin empört den Saal verlassen.

Von deutschen Diplomaten hieß es, dass das Verhalten des syrischen Botschafters sich nahtlos in das des gesamten Assad-Regimes einfüge: "Er hat leider erneut eine Chance zum ernsthaften Dialog zu den drängenden Problemen seines Volkes verpasst." Die Äußerungen seien nur ein durchschaubares Ablenkungsmanöver.

Russland und China blockieren Syrien-Resolution

Russland und China haben mit ihrem Veto eine UN-Resolution gegen Syrien zu Fall gebracht und damit einen offenen Streit in den Vereinten Nationen ausgelöst. Die beiden ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat nutzten am Dienstagabend ihr Veto, um die Mehrheit für eine moderate Resolution gegen das Regime in Damaskus zu verhindern. In den anschließenden Stellungnahmen wurden tiefe Gräben zwischen den Diplomaten der westlichen und der östlichen Staaten sichtbar.

Das Regime geht seit Monaten mit brutaler Gewalt gegen die Opposition vor, die den Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad fordert. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen sollen bisher etwa 2.700 Menschen getötet worden sein. Wegen der Medienblockade der syrischen Regierung lassen sich solche Angaben aber nicht unabhängig überprüfen. Die UN hatten schon vor gut einem Monat von 1.900 Toten gesprochen.

Moskau widersetzt sich vehement einer scharfen Resolution gegen Syrien. Russland unterhält einen wichtigen Militärstützpunkt in Syrien, zudem ist Russland - ebenso wie China - Waffenlieferant und Ölkunde Syriens. Wegen der Vetodrohung war bereits ein Resolutionsentwurf im Frühsommer gescheitert, der zweite war erheblich entschärft worden. Er verurteilt zwar die Gewalt, enthält aber keine Sanktionen. Selbst die Drohung mit Sanktionen wurde abgeschwächt auf eine Erwähnung "zielgerichteter Maßnahmen".

"Präsident Assad hat jede Legitimation verloren"

"Ein Veto wird uns nicht stoppen. Wir werden weiter versuchen, den Unterdrückten eine Stimme zu geben", sagte der französische UN-Botschafter Gérard Araud nach der Abstimmung. "Präsident Assad hat jede Legitimation verloren. Kein Veto ist ein Freibrief, die eigene Bevölkerung zu beschießen." Auch sein britischer Kollege Mark Lyall Grant zeigte sich "tief enttäuscht": "Die Situation wird immer schlimmer, es gab 3.000 Tote, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und keinerlei Reformen. Wie kann man von Dialog sprechen, wenn das Regime die grundlegendsten Menschenrechte verweigert?"

Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin kritisierte das Papier scharf als "entstanden in der Philosophie der Konfrontation". Das könne dem Dialog in Syrien im Wege stehen. "Wir können nicht akzeptieren, dass mit Sanktionen gedroht wird." Die Entwicklung in Syrien sei nicht allein in den Händen der Regierung. "Wenn die Gesetze von Herrn Assad nicht perfekt sind, sollten wir darüber reden. Aber Sanktionen sind der falsche Weg."

Russland und China wollten an einer eigenen, "ausgewogenen" Resolution arbeiten. Chinas UN-Botschafter Li Baodong sagte, "die internationale Gemeinschaft sollte konstruktive Hilfe geben, aber ansonsten die inneren Angelegenheiten tolerieren".

"Heute hat der Sicherheitsrat versagt"

Scharfe Worte kamen auch von US-Botschafterin Susan Rice: "Wir sind empört, dass dieser Rat es nicht geschafft hat, auf Assads Brutalität zu antworten", sagte sie. "Heute haben zwei Mitglieder einen Entwurf verhindert, der weichgespült war und nicht einmal das Wort Sanktionen enthielt." Jetzt wüssten die Syrer, welche Länder an ihrer Seite stehen. "Die, die heute gegen die Resolution gestimmt und einen brutalen Diktator gedeckt haben, müssen sich vor dem syrischen Volk verantworten. ... Wir werden nicht ruhen, bis der Rat seiner Verantwortung nachkommt."

Deutschland bemühte sich um Mäßigung, die Worte waren für deutsche Verhältnisse aber deutlich: "Heute hat der Sicherheitsrat versagt in seiner Aufgabe nach der UN-Charta, internationalen Frieden und Sicherheit zu bewahren", sagte UN-Botschafter Peter Wittig. "Wir haben deutliche Zugeständnisse gemacht. Wir sind tief enttäuscht, dass einige Ratsmitglieder nicht zu einem Kompromiss fähig waren."

 

dpa