Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte das Schreiben am Freitag UN-Generalsekretär Ban Ki Moon übergeben. In einer Rede vor der Generalversammlung ließ er - wie der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu - wenig Kompromissbereitschaft erkennen. Der Fahrplan des Quartetts aus Vereinten Nationen, Europäischer Union, USA und Russland sieht vor, dass sich Israel und die Palästinenser gleich zu Beginn verpflichten, eine Lösung bis spätestens Ende kommenden Jahres anzustreben.
Wie die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton weiter sagte, sollten dann binnen drei Monaten umfassende Vorschläge in den Fragen Grenzen und Sicherheit gemacht werden. Nach sechs Monaten solle es sichtbare Fortschritte geben, die dann auf einer internationalen Konferenz in Moskau festgeschrieben werden sollten. Im kommenden Jahr sei auch eine Geberkonferenz für die Palästinenser geplant.
Erst Frieden, dann eigener Staat
Abbas wie Netanjahu hatten bei ihren Reden in der UN-Vollversammlung zwar der jeweils anderen Seite die Hand zum Frieden gereicht, allerdings wiederholten sie alte Positionen. Der israelische Regierungschef warf den Palästinensern vor, nicht nur Hoffnungen und Träume zu haben - wie es Abbas formuliert hatte - sondern darüber hinaus auch 10.000 Raketengeschosse und Grad-Raketen, die vom Iran geliefert worden seien. Hinzu komme ein ständiger Fluss tödlicher Waffen in den Gaza-Streifen. Die Palästinenser sollten erst Frieden mit Israel schließen und dann einen eigenen Staat bekommen, sagte Nentanjahu.
Der Ruf des Nahostquartetts nach neuen und zügigen Verhandlungen wurde international begrüßt, auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Nun sind Israel und die Palästinenser am Zug, ihre Verpflichtung zu Verhandlungen innerhalb der vereinbarten Fristen schnellstmöglich in die Tat umzusetzen und einen glaubhaften und zielorientierten Prozess zu beginnen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte, die USA seien "sehr froh, dass es einen klaren Zeitplan gibt".
USA dürften Veto einlegen
Dass das höchste UN-Entscheidungsgremium den Antrag auf Mitgliedschaft eines Staates Palästina bereits am Montag aufgreift, ist ungewöhnlich schnell. Laut UN-Charta muss zunächst der Generalsekretär, dann der Sicherheitsrat und zuletzt die Vollversammlung über eine Neuaufnahme entscheiden. Im Parlament der 193 Nationen gilt den Palästinensern die Mehrheit als sicher. Der kritische Punkt ist aber der Sicherheitsrat. Selbst wenn die Palästinenser die nötigen neun von 15 Stimmen bekommen, wollen die USA mit ihrem Veto eine Aufnahme verhindern. Washington hatte eine Friedenslösung mit Israel immer zur Bedingung für eine Anerkennung eines Palästinenserstaates gemacht.
Unterdessen wurden die israelischen Sicherheitskräfte entlang der Grenze zu Ägypten am Freitagabend in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Nach israelischen Angaben könnte die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Hamas mit einem Anschlag versuchen, Abbas' UN-Initiative zu torpedieren. Sie lehnt den Antrag auf UN-Vollmitgliedschaft ab. Eine Armeesprecherin sprach von konkreten Geheimdiensterkenntnissen über einen möglichen Terrorangriff im Süden Israels. Es bestehe die Gefahr, dass Terroristen von Ägypten aus die Grenze überquerten. Sie könnten dann versuchen, israelische Zivilisten oder Soldaten zu entführen. Im August waren bei einer Serie blutiger Anschläge nördlich von Eilat acht Israelis getötet worden.