Die Verleihung des Robert-Geisendörfer-Preises im Namen und im Geiste des Anregers eines prononcierten evangelischen Engagements in der Mediengesellschaft markierte in Baden-Baden 2011 ein Signal eigener Art: Für ambitionierte Autoren, Regisseure, Moderatoren, Produzenten gibt es niemals Ankommen, Stillstand oder Abschluss, vielmehr Entschlossenheit zu weiteren Projekten, vielleicht noch ambitionierteren Zielen. "Wann fangen wir endlich damit an, in Einer Welt zu leben?" fragte Preisträger Marcus Vetter, und auch die anderen Preisträger hofften, mit ihrer Arbeit etwas verändern zu können, "dass wir alle etwas mutiger werden", wie es Preisträger Charly Kowalczyk formulierte.
Robert Geisendörfer. Foto: epd-bild/Hans Lachmann
Dazu gehört, wie Landesbischof Fischer anmahnte, zu Geisendörfers Zeiten wie heute das Ringen um den Erhalt der Grundlagen, die für journalistische Qualität und menschliche Empathie unverzichtbar sind. Mit Blick auf aktuelle Vorfälle erklärte er: "Lassen wir Bürger uns diese Medien – hier insbesondere in öffentlich-rechtliche Ohren gesprochen -, die uns so viel über das Innen- und Außenleben dieser Gesellschaft und der Menschengemeinschaft berichten können, nicht kaputt machen durch Korruption und Filz, durch gegenseitiges Händewaschen und Bestechlichkeit." Eine Forderung, der sich Geisendörfer ganz sicher angeschlossen hätte.
Folgen über den Tag hinaus
Der Wunsch der Preisträger, ihre Arbeit möge über den Anlass und den Tag hinaus Folgen haben, war so etwas wie der rote Faden, der sich durch die Verleihung des 28. Robert-Geisendörfer-Preises beim SWR Baden-Baden zog.
Beispielsweise lies sich Pfarrer Bernd Merz in seiner Ansprache von der Botschaft eines "guten Fernsehens für Kinder trotz Quotenjagd und Kostendiskussionen" direkt selbst anstecken, nachdem die Macher der Spezialausgabe Südafrika der "Sendung mit der Maus" für Respekt gegenüber Menschen in Townships warben, jenseits von Folklore-Klischees und sozialkritischer Überheblichkeit. Merz zitierte Kultur-Staatsminister Bernd Neumann, der ARD und ZDF kürzlich auf Grund ihrer Gebührenfinanzierung einmal mehr an ihre Verantwortung erinnerte, etwas zu wagen und sich nicht auf Bekanntes, Gefälliges zurückzuziehen.
Homepage des Geisendörfer-Preises
Merz geriet gar ins Schwärmen und brachte die Vorstellung "zweistelliger Millionenbeträge extra" ins Spiel, "nicht für Boxen oder Champions League – sondern für Fernsehen für Kinder". Nun ja, verteidigte Merz seinen Traum, man könne ja mal so denken, "nicht von der Quote her, sondern vom Inhalt und vom Wohle einer Gesellschaft".
Ein "moralischer Preis"
Nach seiner Zielsetzung zeichnet der Robert-Geisendörfer-Preis Sendungen aus allen Programmsparten aus, die einen besonderen Beitrag zur gesellschaftlichen Kommunikation leisten. Preisträger Eric Friedler nannte die Medienauszeichnung der evangelischen Kirche sogar einen "moralischen Preis".
Landesbischof Ulrich Fischer sprach unter dem Eindruck der Arbeiten der Preisträger und Einsender von einem "kulturellen Gedächtnis", das hier seinen Ausdruck finde. Ganz im Sinne der evangelischen Publizistik und der Intentionen Geisendörfers gelinge es Journalisten und Medien in großen Stunden, den Stummen und Sprachlosen eine Stimme zu verleihen.
Dabei zeigte sich Fischer besonders beeindruckt von einer neuen Generationen von Journalistinnen und Journalisten, "die mit technischer Gewandtheit und ästhetischer Kreativität scheinbar leichthändig Empathie erzeugen und für ihre Botschaft keine Appelle oder den moralischen Zeigefinger brauchen".
Ralf Siepmann ist Medienjournalist und freier Autor in Bonn.