Rumäniens umstrittene Kathedrale: Prunkpalast für Gott

Rumäniens umstrittene Kathedrale: Prunkpalast für Gott
Jetzt setzt die rumänisch-orthodoxe Kirche ihr seit Jahren angestrebtes Prestigeprojekt in die Tat um: die"Kathedrale zur Erlösung der Nation" im Herzen von Bukarest. Mit 125 Metern Höhe soll sie sogar den benachbarten "Palast des Volkes" übertreffen, den der Diktator Nicolae Ceausescu einst erbauen ließ.
01.09.2011
Von Kathrin Lauer

Nicht alle Rumänen sind mit diesem Projekt einverstanden - der Protest artikuliert sich bisher allerdings nur schwach. Dabei ist durchaus fraglich, ob eine auftrumpfende Kirchenarchitektur dem religiösen Grundgefühl entspricht: Rumänisch-orthodoxe Kirchen sind in der Regel klein, die Heiligen auf den Fresken zum Anfassen nahe. Selten nimmt der Gläubige an einem ganzen, oft langen Gottesdienst teil, die Predigten interessieren wenig. Eher noch schaut man zwischendurch kurz bei der Lieblingsikone vorbei - wie beim Nachbarn.

Schon vor einem Jahr haben die Arbeiten an den Fundamenten begonnen; bis zum Jahr 2015 soll alles fertig sein: die Kathedrale mit einem Fassungsvermögen von 5000 Menschen, zwei Mehrzweckhallen
für je 1000 Menschen sowie Armenkantinen im Untergeschoss und 14 Aufzüge. Außerdem zwei Herbergen im Anbau für Pilger, ein Kulturzentrum und ein Sozialzentrum, dazu 700 Parkplätze.

Kritik am Mammutprojekt

"Es gibt eine schreckliche Krankheit, die bewirkt, dass die inneren Organe wachsen, bis der Patient stirbt", schrieb der rumänische Karikaturist Dan Perjovschi in der liberalen Wochenzeitung "22" - mit ironischem Blick auf das Kathedralenprojekt. Und der Dichter Mircea Dinescu höhnte, das Patriarchat möge doch einfach ein
Kreuz auf das Dach des Ceausescu-Palastes setzen, dann könne man sich den Kathedralenbau sparen.

Die geschätzten Baukosten betragen 200 Millionen Euro. Diese will das Patriarchat mit Krediten, Spenden der Gläubigen, staatlichen Subventionen und eigenen Mitteln finanzieren. Aus öffentlichen Kassen sind bereits etwa 7,5 Euro in das Projekt geflossen. Papst Johannes Paul II. beteiligte sich bei seinem Besuch in Bukarest 1999 mit 100.000 Euro.

Die rumänisch-orthodoxe Kirche ist durchaus nicht arm: Sie bekam seit dem Fall des Kommunismus viele Immobilien zurück und ist vielfach unternehmerisch tätig.

Mehr als 4000 neue Kirchen

Gegen den Vorwurf des Größenwahns hat das Patriarchat stets argumentiert, dass die Bukarester Metropolitenkathedrale aus dem Jahr 1656 zu klein sei. Das neue Gotteshaus sei "eine liturgische und
öffentliche Notwendigkeit". Tatsache ist, dass das religiöse Leben in Rumänien seit der Wende einen rasanten Auftrieb erlebt hat. Mehr als 4000 Kirchen wurden seither landesweit gebaut, zum Großteil finanziert aus Spenden neureicher Gläubiger, die damit ihr Gewissen beruhigen wollen.

dpa