Bundespräsident: Mehr Aufmerksamkeit für Ehrenamt

Bundespräsident: Mehr Aufmerksamkeit für Ehrenamt
Ehrenamt ist "unbezahlt und unbezahlbar", gab Bundespräsident Christian Wulff den 14 jungen Menschen mit, die er am letzten Freitag im August bei strahlender Sonne mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland auszeichnete – oder umgangssprachlich: Mit der ersten Stufe des Bundesverdienstkreuzes.
28.08.2011
von Hanno Terbuyken

Es war das erste Mal in der Geschichte des Ordens, dass ein Bundespräsident so viele junge Menschen auf einmal auszeichnete. "Seit 60 Jahren hat es keine solche Veranstaltung gegeben", lobte Wulff seine eigene Idee. 95 Prozent der Träger des Verdienstordens in Deutschland sind über 50 Jahre alt, normalerweise ist der Orden eine Würdigung der Lebensleistung.

Aber: "Die Chancen, die mit Engagement in jüngeren Jahren verbunden sind, benötigen dringend mehr Aufmerksamkeit", erklärte der Bundespräsident in seiner Rede vor den Ordensempfängern und ihren Familien.

Bild links: Die Vertreter der konfessionellen Pfadfinderverbände durften in der ersten Reihe sitzen. Foto: evangelisch.de/Terbuyken

Für diese Aufmerksamkeit sollte auch die Liste der 14 jungen Ordensträger sorgen. Neben zwölf Männern und Frauen aus einer Vielzahl von gesellschaftlichen Bereichen – von Pfadfindern bis Naturschutz, von Kirche bis Feuerwehr – ging die Verdienstmedaille auch an zwei Prominente, die Schauspielerinnen Jeanette Biedermann und Wolke Hegenbarth. Biedermann ist unter anderem Botschafterin des Roten Kreuzes und finanziert das Programm "Las Luces" für Straßenkinder in Peru. Hegenbarth engagiert sich für die Kinderhilfe bei Plan Deutschland und World Vision, unter anderem mit einer Patenschaft für zwei Kinder, die ihre Eltern durch Aids verloren haben.

"Herr, mach mich zum Werkzeug deines Friedens"

Aber bei der Ordensverleihung in Berlin waren die beiden Stars nur zwei von 14, und diese 14 wiederum nur einige von Tausenden. "Wir brauchen Vorbilder", meinte Wulff, "unser Land ist darauf angewiesen, dass sich solche jungen Leute engagieren." Menschen wie Benjamin Euen. Der 26-jährige kam vor 15 Jahren zum Verband Christlicher Pfadfinder und Pfadfinderinnen (VCP), dem evangelischen Verband im Ring deutscher Pfadfinderverbände (RdP). Er übernahm mit 17 Leitungsverantwortung auf Ortsebene, später auch auf Bundesebene, und ist heute Mitglied im Bundesrat des VCP. Er unterstützte mehrere Kampagnen, wie "100 Schritte für den Frieden" und "Powered by Heaven".

Bild links: So sieht sie aus, die Verdienstmedaille des Verdienstordens. Foto: evangelisch.de/Terbuyken

"Herr, mach mich zum Werkzeug deines Friedens", mit diesen Gebetsworten beschrieb Benjamin Euen seine Aufgabe als evangelischer Pfadfinder dem Bundespräsidenten, der sich von jedem der 14 Geehrten deren Werdegang beschreiben ließ. Als er die Einladung zu dem Empfang im Schloss Bellevue bekam, wusste Benjamin zunächst gar nicht, dass ihm die Verdienstmedaille verliehen werden sollte. Auch nach der Verleihung, mit dem rot-goldenen Orden an der Pfadfindertracht, begriff er die Auszeichnung nicht als persönliches Lob: "Es gibt noch so viele andere, die das verdient haben."

Eine Auszeichnung für alles Ehrenamt

Er und seine Mitausgezeichneten haben den Orden als "Auszeichnung für alles Ehrenamt" begriffen. Dazu gehört auch Saskia Scholten, die zweite Pfadfinderin, die die ausgezeichnet wurde. Die 25-Jährige war unter anderem in Ruanda aktiv und ist Pfadfinderin in der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), dem katholischen Verband im RdP. "Ich bin mir jetzt anders bewusst, dass ich Vorbild sein soll", sagte sie nach der Ordensverleihung. "Das ist eine Rolle, in die ich mich noch mehr reinfinden muss." Auch Saskia betonte, der Orden würdige das Engagement von vielen, nicht nur des Einzelnen.

"Mich haben so viele Leute begleitet, ohne die viele Projekte gar nicht zustande gekommen wären", kommentierte Benjamin seinen Weg. Für ihn und Saskia jedenfalls ist die Verdienstmedaille keine Belohnung, sondern eine Aufforderung – das war es auch, was sich Bundespräsident Wulff von den geehrten Vorbildern wünschte.

Bild links: Benjamin Euen und Saskia Scholten erklären dem Bundespräsidenten ihre Arbeit. Foto: evangelisch.de/Terbuyken

"Mit Stift, mit Spaten, mit Spendendose zu Hause, in Europa, in der Welt Gutes getan" hätten die 14 neuen, jungen Ordensträger, lobte Wulff. Benjamin und Saskia werden das auch weiterhin tun, im Bewusstsein, dass sie für alle jungen Ehrenämtler stehen. Dass auch der Bundespräsident erkannt hat, wie wichtig ihr Einsatz für die Zukunft der Gesellschaft ist, ist eine gute Nachricht. Vielleicht kann das ja den ein oder anderen motivieren, sich in Zukunft selbst für andere einzusetzen. Es lohnt sich, meinen Benjamin und Saskia, auch ohne Orden.


Hanno Terbuyken ist Redakteur bei evangelisch.de.