Wirbelsturm "Irene" lässt New York zittern

Wirbelsturm "Irene" lässt New York zittern
Peitschende See, überflutete Straßenzüge und Hunderttausende ohne Strom: Mit Urgewalt tobte Hurrikan "Irene" über der US-Ostküste - und gab New York einen Vorgeschmack, was am Sonntag über die Stadt hereinbrechen könnte. Zehn Menschen starben, bevor der Wirbelsturm die Stadt überhaupt erreichte.

Mit Sturzfluten vom Himmel und schweren Böen fegt der gigantische Hurrikan "Irene" seit Samstag über die US-Ostküste und lehrt New York das Fürchten. Der Wirbelsturm der Kategorie 1 (das ist in den USA die niedrigste Stufe eines Hurrikans) wird am Sonntag in der Millionenmetropole erwartet, wo die Behörden mit Überflutungen rechnen. Am Samstag herrschte in der "Stadt, die niemals schläft" gespenstische Ruhe, Supermarktregale waren von Hamsterkäufen der Menschen vielerorts leergeräumt. An der gesamten Atlantikküste erwarten die Behörden massive Folgen für Millionen von Menschen. So seien "erhebliche Stromausfälle" zu befürchten, sagte Heimatschutzministerin Janet Napolitano. "Irene" bleibe nach wie vor "ein großer und gefährlicher Sturm". Das Ausmaß der Schäden werde wohl erst nach und nach deutlich.

Das Auge des Sturms war am Samstagmorgen im Bundestaat North Carolina bei Cape Lookout auf Land getroffen. Bei über einer Million Menschen fiel der Strom aus – da war der Sturm in New York noch gar nicht angekommen. CNN berichtete von zehn Todesopfern, die meisten starben durch entwurzelte Bäume, herabfallende Äste oder herumfliegende Trümmerteile. Allein fünf Todesopfer habe es in North Carolina gegeben, drei weitere in Virginia. In Queenstown im Bundesstaat Maryland sei eine Frau in ihrem Haus ums Leben gekommen, als ein umstürzender Baum den Schornstein traf und durch das Dach drückte. Auch der Tod eines 55 Jahre alten Surfers bei starkem Wellengang vor der Küste Floridas wurde "Irene" zugeschrieben.

Zwar herabgestuft, aber noch immer gefährlich

An der Küste North Carolinas überfluteten massive Regenfälle und Sturmfluten zahllose Straßenzüge. Sturmböen rissen Schilder los, zerfetzten Fahnen sowie Überlandleitungen und knickten Strommasten um. Zehntausende Menschen hatten sich zuvor im Landesinneren in Sicherheit gerbacht. Dem US-Fernsehsender ABC zufolge wurden landesweit mehr als 24.000 Flüge gestrichen.

"Irene" hatte mit Windgeschwindigkeiten von 140 Stundenkilometern die Ostküste erreicht, nachdem der Hurrikan von Kategorie 2 auf Kategorie 1 herabgestuft worden war. Experten warnten jedoch davor, den Wirbelsturm auf seinem weiteren Weg Richtung Norden deshalb zu unterschätzen. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg sprach von einem weiterhin "lebensbedrohlichen Sturm".

Neben der Millionenmetropole wird der Hurrikan auch in US-Großstädten wie Baltimore, Philadelphia und Washington D.C. zu spüren sein. In der US-Hauptstadt gingen am Samstagmittag (Ortszeit) erste kräftige Regenfälle nieder. Dort und in mindestens zehn Bundestaaten war zuvor vorsorglich der Notstand ausgerufen worden. An der nördlichen Ostküste, wo "Irene" derzeit weht, wohnen rund 65 Millionen Menschen - das ist rund ein Fünftel der gesamten US-Bevölkerung.

New York sperrt seine U-Bahn

Nach Angaben des Roten Kreuzes haben bislang alleine in deren Notunterkünften 13.000 Menschen Zuflucht gesucht, sagte eine Sprecherin. In zwölf Bundesstaaten seien 150 Unterkünfte eingerichtet worden. Von der Heilsarmee hieß es, sie könne im Bedarfsfall 150 Notküchen zur Versorgung der Bevölkerung einrichten.

New Yorks Bürgermeister Bloomberg hatte am Freitag zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt eine Evakuierung tieferliegender Gegenden der Stadt angeordnet. Davon sind nach jüngsten Angaben über 370.000 Menschen betroffen. Manche U-Bahn-Stationen und Straßen selbst in Manhattan waren am Samstag menschenleer. Gegen Mittag wurde vorsichtshalber der öffentliche Nahverkehr eingestellt, weil eine Überflutung der U-Bahn-Schächte und Tunnels befürchtet wurde. Ab 21.00 Uhr Ortszeit am Samstagabend (3.00 Uhr MESZ am Sonntag) galt ein Ausgehverbot in New York.

An der Wall Street hatten die Mitarbeiter der New York Stock Exchange an ein paar Stellen Sandsäcke gestapelt, um etwaige Wassermassen von den Eingängen fernzuhalten. Nach bisherigem Stand soll die Börse aber am Montag wieder normal öffnen.

Notversorgung ist ausverkauft

Die Arbeiter auf der Baustelle des World Trade Centers bereiteten sich ebenfalls auf "Irene" vor. Vor allem der sogenannte Freedom Tower, der einmal das höchste Gebäude der Metropole werden soll, bietet dem Wirbelsturm viel Angriffsfläche. Er steht an der Südspitze Manhattans unweit des Hudson River. Auf dem Fluss fuhr am Samstagmorgen kaum ein Boot, auch der Schiffsverkehr zur Freiheitsstatue ruhte. Die Mülleimer an der Uferpromenade waren entfernt, Parkgaragen versuchten sich mit Sandsäcken zu schützen.

Wie vielerorts an der US-Atlantikküste deckten sich auch in New York die Menschen in letzter Minute noch mit dem Nötigsten für den nahenden Sturm ein. Vor allem Batterien und Wasser in Flaschen und Kanistern waren begehrt - und in vielen Läden ausverkauft.
 

dpa