Es wird ohne Zweifel ein Fest der Superlative. Schon knapp 500.000 Menschen haben sich zum Weltjugendtag in Madrid angemeldet, die katholische Kirche erwartet mindestens noch einmal so viele unangekündigte Gäste und Bewohner Madrids. Zu dem Treffen, das am Dienstag beginnt, entstehen Nachtlager in allen möglichen Gebäuden: In Klassenräumen der Schulen, in Turnhallen und natürlich auch in Kirchen. Allerdings müssen die Katholiken in Madrid auch mit Protesten rechnen.
Die Friedenskirche, die evangelische deutschsprachige Kirchengemeinde in Madrid, nimmt einen kleinen Teil der rund 17.000 erwarteten katholischen Pilger aus Deutschland auf. In Madrid pflegen deutschsprachige Protestanten und Katholiken schon lange ein reges ökumenisches Miteinander. Auch der offizielle Empfang des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend findet am 17. August in der Friedenskirche statt.
Junge spanische Gläubige freuen sich vor allem auf den Besuch des Papstes, Benedikt XVI., der am Donnerstag in Madrid eintreffen und erst am Sonntag Spanien wieder verlassen wird. Der Papst aus Deutschland kommt bei den jungen Katholiken Spaniens gut an. "Er ist der Repräsentant Gottes auf der Erde", schwärmt die 22-jährige Mary Luz aus Madrid. Sie wird mit ihrem Cello bei den Konzerten zur Eröffnung und zum Abschluss auftreten.
Die Kosten von 50 Millionen Euro tragen vor allem Sponsoren
Auch die 20-jährige Lidia aus Leganés südlich von Madrid ist begeisterte Anhängerin des Papstes. Sie freut sich auf die Prozessionen, die durch Madrid ziehen werden, und auf die Konzerte des Weltjugendtags. Das Thyssen-Museum zeigt religiöse Gemälde des 14. bis 18. Jahrhunderts. Debatten um Zölibat, Morallehre oder auch um die Kosten des Treffens sind von den jungen spanischen Gläubigen hingegen nicht zu erwarten.
Zwar hatte das "Forum der Pfarrer Madrids", wie auch der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, kritisiert, dass die Kosten von 50 Millionen Euro vor allem spanische Baukonzerne und Banken tragen, die ihre Spenden dank eines Sondergesetzes von der Steuer absetzen dürfen. Die Geistlichen machen die Sponsoren für die Spekulationswirtschaft und die in Spanien besonders gravierende Wirtschaftskrise verantwortlich. Doch solche katholische Basisgruppen sind in Spanien klein geworden. Junge Leute findet man hier kaum.
Längst geben konservative Jugendgruppen innerhalb der spanischen katholischen Kirche den Ton an. Sie stehen dem als streng konservativ geltenden Vorsitzenden der Bischofskonferenz Kardinal Antonio María Rouco Varela treu zur Seite und kritisieren mit ihm Reformen der spanischen Regierung wie die Herabstufung der Religionserziehung zu einem freiwilligen Fach, die Einführung der Bürgerrechtskunde an den Schulen, die Reform des Abtreibungsrechts oder die Homo-Ehe. Statt Verhütungsmittel empfehlen sie Enthaltsamkeit: "Lust darf kein Antrieb für Sexualität sein", sagt etwa die Cellistin Mary Luz.
Die Vorstellung vom traditionell katholischen Spanien ist ein Zerrbild
Allerdings stehen junge Gläubige mit solchen Forderungen unter nicht-kirchlichen Freunden meist allein, sagt Lidia ein wenig traurig. Die Vorstellung vom traditionell katholischen Spanien ist längst ein Zerrbild. Einer Umfrage des staatlichen Zentrums für Soziologische Studien (CIS) zufolge werden nur doch 63 Prozent der Neugeborenen in Spanien getauft, 55 Prozent der jungen Spanier zwischen 18 und 34 Jahren bezeichnen sich als Katholiken, fast 40 Prozent als "Nicht-Gläubige" oder Atheisten.
Statt der katholischen Kirche wenden sich junge Spanier, die sich engagieren möchten, Protestbewegungen wie den "Empörten" zu, die wochenlang das Madrider Zentrum besetzt hielt. Die spanische Polizei hatte vor dem Weltjugendtag das Zentrum zwar geräumt, doch inzwischen halten die jungen Leute ihre Vollversammlungen wieder auf dem zentralen Platz Puerta del Sol ab. Sie bündeln dabei die in Spanien besonders militanten antiklerikalen Strömungen. Sie planen eine Kundgebung gegen den Papstbesuch und wollen den Weltjugendtag aktiv stören, erklärte ein Sprecher.
Der internationale Weltjugendtag ist eine einwöchige Begegnungsveranstaltung der katholischen Kirche speziell für junge Menschen. Das Jugendtreffen findet im Abstand von zwei bis drei Jahren in wechselnden Städten statt und wird vom Päpstlichen Rat für die Laien und den Bischöfen des jeweiligen Gastgeberlandes organisiert. In den Jahren dazwischen wird der Weltjugendtag üblicherweise am Palmsonntag dezentral in Rom und den einzelnen Bistümern begangen.