Filmkritik der Woche: Abrams "Super 8"

Filmkritik der Woche: Abrams "Super 8"
Sehnsucht nach der Zukunft von gestern: In "Super 8" von Autor und Regisseur J.J. Abrams drehen Jugendliche einen Zombiefilm und machen eine schreckliche Entdeckung.
02.08.2011
Von Patrick Seyboth

Die kleine Gemeinde ist höchst beunruhigt: Seit ein paar Tagen verschwinden nicht nur Haustiere, Mikrowellengeräte und Stromleitungen auf höchst mysteriöse Weise, auch ein paar Menschen sind abhandengekommen, ohne jede Spur. Für einige Einwohner ist sofort klar: Es muss sich um eine russische Invasion handeln!

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In "Super 8" von Autor und Regisseur J.J. Abrams lassen der fantastische Film der 50er Jahre und seine Chiffren vielmals grüßen. Ebenso genüsslich und ausgiebig verweist die Story auf Filme der 70er und 80er, besonders auf die frühen Werke von Steven Spielberg, der hier als Produzent fungierte. Boshaft könnte man auch sagen: "Super 8" hat nichts Eigenständiges, sondern kaut nur auf mundgerecht zerkleinerten Versatzstücken herum.

J.J. Abrams - Mitschöpfer von "Lost" und Regisseur von "Mission: Impossible 3" und dem letzten "Star Trek" - hat jedoch viel Liebe und wohltuende Ironie in sein Werk gelegt. Er konzentriert sich trotz aller Rückbezüge darauf, seine Geschichte akkurat zu erzählen: Eine Gruppe von Teenagern um die 13 Jahre dreht im Sommer 1979 einen Zombiefilm auf Super 8, alles natürlich völlig improvisiert, von den Kostümen bis zum grausigen Make-up.

Als die Jugendlichen eines Nachts eine Szene an der Bahnstation des Orts aufnehmen, werden sie (und ihre Kamera) Zeugen eines gewaltigen Zugunglücks. Herrlich überkandidelt ist dieser Crash in Szene gesetzt, als schier endlose Folge von Waggonüberschlägen, Explosionen und umherfliegenden Trümmerteilen.

Nur Joe (Joel Courtney) hat gesehen, wie der Unfall geschah: Ein Pick-up-Truck ist offenbar absichtlich frontal in den Zug gerast. Im Chaos der Trümmer entdecken die Kids große Mengen rätselhafter Würfel. Und sie finden den Fahrer des Pick-ups, der schwer verletzt überlebt hat: Es ist ihr Biologielehrer, und er droht ihnen mit dem Tod, sollten sie irgendwem erzählen, was sie gesehen haben.

Finstere Geheimnistuerei legt auch das Militär an den Tag, welches den Ort alsbald überschwemmt, während Dinge, Tiere und Menschen verschwinden. Was hat all das mit dem Crash zu tun? Und mit den handlichen Kuben, die die Kids an den "Zauberwürfel" erinnern? Was, nebenbei bemerkt, einer von mehreren Anachronismen ist, die sehr geschmeidig in den Film hineingeschmuggelt sind. "Rubik?s Cube" wurde erst 1980 in den USA verkauft, ebenso wie der an anderer Stelle vorkommende Walkman.

Bis Joe und seine Freunde auf ihrem Super-8-Film eine schreckliche Entdeckung machen, die sie letztlich zur Lösung des Rätsels führt, vergehen erst mal ein paar Tage. Denn so war das eben mit diesem Format: Man musste eine Weile auf das Ergebnis hinfiebern, bis man das Tütchen mit den entwickelten dreieinhalb Minuten Film endlich in Händen hielt und aufgeregt in den Projektor einlegen konnte.

Einfühlsam entwickelte Nebenstränge

Liebevoll baut Abrams auch diese Wartezeit in seine Dramaturgie ein, Zeit, in der wir neben den dramatischen Ereignissen im Ort auch mehr über die Hauptfiguren erfahren: über die zwischen Joe und Alice (Elle Fanning) sich anbahnende Romanze und die verhängnisvolle Verbindung ihrer beider Väter, und ebenso über die aufkeimenden Konflikte zwischen Joe und "Regisseur" Charles (Riley Griffiths), der ebenfalls ein Auge auf Alice geworfen hat und sich nun von Joe verraten fühlt. Diese Nebenstränge sind durchaus einfühlsam entwickelt und erwecken nie den Eindruck von Füllmaterial.

Leider hält "Super 8" kein allzu hohes Spannungsniveau, auch seine Horrormomente sind eher spärlich. Andererseits hat es etwas Angenehmes, dass hier einmal nicht der mentale Totschlag durch Effektgewitter praktiziert wird.

USA 2011. R, B: J.J. Abrams. Mit: Joel Courtney, Kyle Chandler, Elle Fanning, Joel McKinnon Miller, Riley Griffiths, Gabriel Basso, Zach Mills. L: 112 Min. FSK: ab 12, ff.

epd