Das unabhängige Gutachten zum Stresstest der Bahn hat nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa die Leistungsfähigkeit des geplanten unterirdischen Durchgangsbahnhofs bestätigt.
In der noch unveröffentlichten Untersuchung der Schweizer Verkehrsberater sma heißt es: "Unsere Überprüfung der Simulationsergebnisse hat gezeigt, dass die geforderten 49 Ankünfte im Hauptbahnhof Stuttgart in der am meisten belasteten Stunde und mit dem in der Simulation unterstellten Fahrplan mit wirtschaftlich optimaler Betriebsqualität abgewickelt werden können." Die vom Schlichter Heiner Geißler "geforderten anerkannten Standards des Eisenbahnwesens sind eingehalten".
Die dem Testat zugrundeliegende Computersimulation der Bahn sollte nachweisen, dass der neue Bahnhof zur Hauptverkehrszeit am Morgen 30 Prozent leistungsfähiger ist als der bestehende Kopfbahnhof. Die Bahn war bei ihrem Stresstest zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Anforderung aus dem Schlichterspruch mit Nachbesserungen von 40 Millionen Euro erreicht werde.
Bahn ist erleichtert und froh
Die Bahn reagierte erleichtert. "Wir sind froh über das Ergebnis", sagte Projektsprecher Wolfgang Dietrich am Donnerstag in Stuttgart. Der begutachtete Stresstest soll nach dem Willen von Geißler am nächsten Dienstag öffentlich präsentiert werden. Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 will die Veranstaltung boykottieren. Die Gegner fühlen sich mit ihren Wünschen nach Mitwirkung an den Grundlagen der Computersimulation ignoriert. Dagegen wundert sich die Bahn darüber, dass das Angebot eines Dialogforums ausgeschlagen wurde. Beide Seiten werfen sich gegenseitig mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit vor.
Auch Geißler sieht die Absage des Aktionsbündnisses kritisch: "Ich bin nicht der Psychotherapeut der Gegner. Es ist aus ihrer Sicht falsch, wenn man die Gelegenheit nicht wahrnimmt, die Argumente der Öffentlichkeit vorzustellen", sagte er der Nachrichtenagentur dpa.
Das Aktionsbündnis akzeptiert das Ergebnis des Stresstests nicht. "Das grüne Licht nützt nichts, wenn es auf falschen Prämissen aufbaut", sagte Sprecherin Brigitte Dahlbender am Donnerstag. Das Aktionsbündnis habe klar beschlossen, dass es an einem "Abklatsch der Faktenschlichtung" nicht teilnehmen werde. "Für eine öffentliche Schauveranstaltung über einen Alibi-Stresstest stehen wir nicht zur Verfügung."
Geht es um die Sache oder ums Prinzip?
Aus Sicht von Hannes Rockenbauch, Stuttgarter Stadtrat und ebenfalls Sprecher des Bündnisses, fehlen der bahninternen Simulation jegliche Stör- oder Notallszenarien: "Ein Stresstest ohne Stress verdient den Begriff Stresstest nicht."
Die Bahn bedauerte den Ausstieg der Gegner. "Wir hätten es gern gehabt, wenn alle Beteiligten bis zur letzten Runde dabei geblieben wären", sagte Projektsprecher Dietrich der dpa. Die Ergebnisse müssten trotzdem öffentlich präsentiert werden: "Jetzt geht vor, die Öffentlichkeit in Baden-Württemberg mit umfassenden Informationen zu versorgen, das Aktionsbündnis vertritt ja nur einen kleinen Teil."
Aus Sicht von Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) macht sich das Aktionsbündnis unglaubwürdig. "Denn es scheint nicht mehr um die Sache zu gehen, sondern nur darum, dagegen zu sein und weiteren Streit zu provozieren." Auch die FDP im Landtag ging mit dem Bündnis hart ins Gericht. "Es zeigt sich, dass die Projektgegner nur das hören wollen, was ihnen in den Kram passt", meinte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Er erinnerte daran, dass die Gegner die Gutachterfirma sma selbst vorgeschlagen hatten.