Marina Peter arbeitet für den Frieden im Sudan

Marina Peter arbeitet für den Frieden im Sudan
Zur Zeit des Bürgerkriegs, 1986, bekam Marina Peter es zum ersten Mal mit dem Sudan zu tun. Ein Land, das sie bis dahin kaum kannte. Mittlerweile ist die Pädagogin zur Sudan-Expertin geworden: Sie führt Gespräche mit Politikern und organisiert Versöhnungstreffen.

Dass sie einmal mit den intimen Details einer afrikanischen Staatsgründung zu tun haben würde, hätte Marina Peter damals nicht für möglich gehalten. 1986 bekam die heute 54-Jährige es zum ersten Mal mit dem Sudan zu tun. "Da war ich gerade mit meinem zweiten Studium, interkulturelle Pädagogik, fertig." Über Umwege erfuhr sie, dass der kirchliche Entwicklungsdienst in Niedersachsen nach jemandem suchte, der Bildungsmaterialien zum Partnerland Sudan entwickeln sollte. "Diese Partnerschaft war damals praktisch unbekannt, das fand ich spannend." Peter bekam den Job - und lernte den Sudan Jahr für Jahr besser kennen.

"Zu der Zeit war der Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südsudan bereits besonders heftig", erinnert sie sich. "Alle Hilfsorganisationen hatten den Süden verlassen." Um den Sudan kennenzulernen, stieg Peter kurzerhand selbst in den Flieger - auch, nachdem die Stelle beim Entwicklungsdienst längst ausgelaufen war. "Ich bin im Urlaub immer wieder hingeflogen, um zu sehen: was kann man machen?" Marina Peter gründet ihren eigenen Verein, das Sudan Forum, das den Bürgerkrieg im Sudan einer breiten Öffentlichkeit bekanntmachen soll.

Gespräche in der Lüneburger Heide

Herzstück ihres Engagements aber wird die jährliche Tagung in der evangelisch-lutherischen Heimvolkshochschule Hermannsburg, einem abgeschiedenen Ort im Süden der Lüneburger Heide. 1987 treffen sich dort erstmals Sudanesen aus allen Lagern und Landesteilen. Neben dem offiziellen Programm, in dem es um alle Aspekte eines friedlichen Miteinanders im Sudan geht, finden die wichtigsten Gespräche in den Pausen oder am Abend statt. "Da konnten Kriegsgegner in geschütztem Raum offen miteinander reden", sagt Peter. "Diese Art von Austausch war und ist weltweit einmalig."

Aus der Sudan-Novizin wird mit den Jahren eine gefragte Kommunikatorin, die zu Versöhnungstreffen auf Dorfebene ebenso wie zu Verhandlungen, Gipfeltreffen und vertraulichen Gesprächen im Hinterzimmer geladen wird. Die jährlichen Hermannsburg-Treffen sollen auch nach der Unabhängigkeit des Südsudan weitergehen: "Nach der Unabhängigkeit des Südsudans wird Hermannsburg ein wichtiger Ort sein, damit sich Vertreter aus beiden Staaten überhaupt treffen können", sagt Peter.

Sie wird nicht ausgelassen feiern

Träger der Veranstaltung ist inzwischen das Internationale Ökumenische Sudan-Forum, Peters Stelle wird vom Evangelischen Entwicklungsdienst finanziert. Um die Entwicklungen weiter verfolgen zu können, ist sie im Schnitt jeden Monat einmal im Sudan. Auch den Unabhängigkeitstag des Südsudan, den 9. Juli, wird Marina Peter dort verbringen - ausgelassen feiern will sie aber nicht. "Ich hätte mir eher den Wandel im ganzen Land gewünscht, den das vor sechs Jahren geschlossene Friedensabkommen eigentlich propagiert hat."

Dass der Südsudan jetzt eigenständig wird, löst nicht die Probleme in Darfur, in Kordofan oder anderswo im Norden, der vom gesuchten Kriegsverbrecher Omar al-Baschir und einer kleinen Clique regiert wird. Die Unabhängigkeit löst zudem auch nicht die Probleme im Südsudan, fürchtet Peter. "Der alte sudanesische Fehler, ein starkes Zentrum zu schaffen zulasten einer schwachen, vernachlässigten Peripherie, droht sich im Süden zu wiederholen."

Kirchen sollen ihre Rolle klären

So betoniert der Verfassungsentwurf, der dem südsudanesischen Präsidenten weitreichende Befugnisse gibt, die Vorherrschaft der Ex-Rebellenbewegung SPLM. Die Unzufriedenheit im Südsudan wachse, beobachtet Peter. "Dass immer mehr Leute zu den Waffen greifen, ist da durchaus denkbar."

Peter glaubt, dass nur die Stärkung anderer Parteien und zivilgesellschaftlicher Bewegungen, allen voran die Kirchen, helfen kann, um einen neuen Konflikt im Südsudan zu verhindern. "Für die Kirchen ist es wichtig, schnell ihr Verhältnis zum neuen Staat zu klären", sagt sie. Viele Kirchenfunktionäre, die im Freiheitskampf aktiv waren, sitzen jetzt in der Regierung - intellektuelles Kapital, das den Kirchen fehlt.

Über einen Mangel an Arbeit kann Marina Peter sich auch nach der Unabhängigkeit nicht beklagen. So wird ihr Mann sie auch künftig nur unregelmäßig in dem Haus in Niedersachsen treffen, das die beiden sich mit einem Hund und einer Katze teilen. "Das Leben hier auf dem Land ist meine Möglichkeit zum Auftanken", sagt sie.

epd