Deutschland ist seit Januar erstklassig - das allerdings nur zweitklassig. Als eines von lediglich 15 Ländern sitzt es im UN-Sicherheitsrat und darf über die Geschicke der Welt mitbestimmen. Doch der Platz ist lediglich für zwei Jahre vergeben, und es fehlt das exklusive Vetorecht. Immerhin: Im Juli wird Berlin turnusgemäß das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen führen - und es gibt jetzt schon einen vollen Terminkalender.
Die Deutschen gelten in New York als Umweltsaubermänner. Und so wird der Klimaschutz eines der wichtigsten Themen im Juli sein. Doch es geht nicht direkt um die konkreten Auswirkungen, sondern um deren Folgen für die internationale Sicherheit. "Das ist dort bislang kein klassisches Thema. Aber wir können ja nicht die Augen davor verschließen, dass der Klimawandel auch Auswirkungen auf den Erhalt von Frieden und Sicherheit - der originären Aufgabe des Sicherheitsrates - hat", sagt UN-Botschafter Peter Wittig. "Wir dürfen nicht erst dann an den Sicherheitsrat denken, wenn die ersten Toten auf den Straßen liegen."
Vorreiter bei Klima- und Kinderschutz
Im Pazifik sei es wegen des steigenden Meeresspiegels schon zu Umsiedlungen gekommen. "Die Inselstaaten fürchten um ihre Existenz. Das müssen wir ernst nehmen", sagt Wittig. Dabei gebe es unter den Mitgliedern des Sicherheitsrates keineswegs Einigkeit. "Es ist kein Geheimnis, dass manche Staaten da sehr zurückhaltend sind. Sie fürchten regelmäßig Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten und erlegen dem Sicherheitsrat äußerste Zurückhaltung auf."
Zweites wichtiges Projekt ist der Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten. Ein Thema, bei dem es keine Widersprüche geben sollte? Pessimisten befürchten, dass die von Deutschland angestrebte Resolution, die auch den Angriff auf Schulen oder deren Nutzung als militärische Stellung ächten soll, verwässert wird.
Dabei hat Berlin weltweite Unterstützung. "Ich danke Deutschland für den starken Einsatz", sagt Radhika Coomaraswamy, UN-Beauftragte für die Kriegskinder. "Ihr habt das Thema deutlich nach vorn gebracht." So sieht es auch Marta Santos Pais, die Sonderbeauftragte von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gegen Gewalt an Kindern: "Wenn ein Land wie Deutschland das Thema auf die Tagesordnung setzt, kann das nicht einfach ignoriert werden."
Auch von den nichtstaatlichen Organisationen kommt Beifall. "Natürlich wird Deutschland das Problem nicht in einem Monat lösen", sagt José Luis Díaz von Amnesty International. "Aber das ist ein ganz wichtiger Schritt nach vorn." Der afghanische UN-Botschafter Zahir Tanin geht im dpa-Gespräch sogar noch weiter: "Deutschland ist momentan das wichtigste Land für uns. Die Zusammenarbeit klappt vorzüglich."
Keine Chance mehr nach Libyen-Enthaltung?
Und wie stehen die Chancen für den ständigen Sitz im Sicherheitsrat, den Berlin anstrebt? "Wir unterstützen das voll und ganz und würden uns freuen, wenn die Deutschen immer neben uns sitzen würden", heißt es aus der Botschaft Frankreichs, selbst seit 1946 ständiges Mitglied mit Vetorecht. "Die Zusammenarbeit ist sehr, sehr professionell und wir haben großes Vertrauen."
Wenn da nicht die Enthaltung gewesen wäre, als es um die Luftschläge gegen Libyen ging. Nur Russland und China hatten sich ebenfalls enthalten - keine Musterbeispiele für Demokratie und Menschenrechte. "Deutschland hat sich endgültig vom ständigen Sitz im Sicherheitsrat verabschiedet", schrieb eine New Yorker Zeitung nach der Abstimmung im März. Und in der Tat: Auf den Fluren des UN-Hauptquartiers war man verwirrt über Deutschland, das doch eigentlich immer ein UN-Musterschüler war. Alle Chancen vertan?
"Das sollte man nicht zu groß schreiben", sagt Stéphane Crouzat von der französischen UN-Botschaft. "Letztlich zählt die langjährige Erfahrung, und die ist exzellent." Bevor der Sicherheitsrat sich reformiert und andere Spieler an den Tisch lässt, gibt es allerdings viel höhere Hürden zu überwinden, räumt auch Crouzat ein: "Deutschland bekommt viel Unterstützung von praktisch allen Ländern", sagt er. "Wenn es aber zur Abstimmung geht, dann sieht die Realität ganz anders aus."