TV-Tipp: "Der Entsorgte Vater" (ARD)

TV-Tipp: "Der Entsorgte Vater" (ARD)
Die These des Films: Söhne und Töchter werden auf Kosten der Väter als Waffe im Krieg der Geschlechter missbraucht; und auf Kosten der Kinder.
24.06.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Der Entsorgte Vater", 28. Juni, 22.45 Uhr im Ersten

Es gehört ziemlich viel Mut dazu, sein ganz privates Schicksal derart zu offenbaren; und ohne Frage auch eine ganze Menge Verzweiflung. Vor allem aber kann derlei leicht nach hinten losgehen: Die Filmgeschichte bietet eine Fülle von Bauchnabelfilmen, deren Betroffenheitsgestus das Publikum eher peinlich berührte als wirklich ergriff.

Auch Douglas Wolfspergers Dokumentarfilm beginnt als Engagement in eigener Sache. Dem Filmemacher wird seit Jahren jeglicher Kontakt zur Tochter verwehrt. Weil sämtliche Rechtsmittel ausgeschöpft sind, hat er die Flucht nach vorn angetreten und seine Geschichte erzählt; eine Geschichte voller Zorn und Ohnmacht. Zwangsläufig trägt das Werk Züge der Selbsttherapie, aber damit geht Wolfsperger ganz offen um: indem er schildert, was ihm widerfahren ist, wie er die letzten Jahre erlebt hat und wie es um ihn steht.

Gesellschaftliches Phänomen

Was zunächst nach Einzelschicksal klingt, entpuppt sich gesellschaftliches Phänomen, dass offenbar immer mehr Vätern widerfährt. Einer der Männer, die Wolfsperger vorstellt, hat seine Tochter seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen. Einem wollte die Ex-Frau einen Missbrauch der Tochter anhängen. Der Vorwurf stellte sich als völlig haltlos heraus, dient Wolfsperger aber als willkommenes Indiz für die These des Films: Söhne und Töchter werden auf Kosten der Väter als Waffe im Krieg der Geschlechter missbraucht; und auf Kosten der Kinder.

Angesichts der eigenen Betroffenheit des Regisseurs verwundert es nicht weiter, dass die Abrechnung weitgehend einseitig ausfällt. Wäre "Der entsorgte Vater" eine Reportage, müsste man ihr die Einseitigkeit vorhalten: Die Frauen der Männer kommen nicht vor. Aber das Werk ist ein Pamphlet, geschrieben mit Herzblut und verfasst mit dem Mute der Verzweiflung. Sollte Wolfspergers Tochter dereinst wissen wollen, warum es so lange keinen Kontakt gab, kann er ihr diesen Film zeigen.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).