Taktiker an der UN-Spitze: Ban Ki Moon bleibt im Amt

Taktiker an der UN-Spitze: Ban Ki Moon bleibt im Amt
Ein halbes Jahr lang hüllte sich Ban Ki Moon beharrlich in Schweigen. Auf bohrende Fragen, ob er eine zweite Amtszeit als UN-Generalsekretär anstrebe, antwortete der Südkoreaner stets, er werde sich später entscheiden. Statt laut zu reden bereitete der 67-Jährige hinter den Kulissen sorgfältig seine Wiederwahl vor. Nun hat er es geschafft.
22.06.2011
Von Jan Dirk Herbermann

Am Dienstagabend (Ortszeit) ernannte die UN-Vollversammlung per Akklamation den früheren Außenminister aus Seoul zum UN-Generalsekretär für die Jahre 2012 bis 2016. Er war der einzige Kandidat. Weitere fünf Jahre wird Ban das Amt bekleiden, das sein Vorgänger Kofi Annan den "unmöglichsten Job in der Welt" nannte. Die eigentliche Entscheidung fiel bereits vorige Woche im UN-Sicherheitsrat: Das nächtigste UN-Gremium sprach sich einstimmig für Ban aus.

Um seine UN-Karriere fortzusetzen, musste der gewiefte Taktiker die Gunst der fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat gewinnen. Amerikaner, Russen, Chinesen, Franzosen und Briten können jeden Bewerber blockieren, der ihnen nicht genehm ist. Ban überzeugte sie vor allem durch seine zurückhaltende Art.

Sein Thema hat Ban noch nicht gefunden

Der Asiat ist keiner, der richtig aneckt. Auch wollten die fünf Vetomächte von "kreativen" Kandidaten nichts wissen, wie der frühere UN-Untergeneralsekretär James Jonah sagte. Diplomaten munkeln, Ban sei "genau der richtige Generalsekretär", weil er den mächtigen Staaten nicht in die Quere kommt.

Doch fragen Skeptiker: Ist Ban der auch der richtige Generalsekretär für die gesamte Weltorganisation mit 192 Mitgliedern und ihren enormen globalen Aufgaben? Die Herausforderungen der UN reichen von der Friedenssicherung über den Schutz für die Menschenrechte bis zur Armutsbekämpfung.

Das US-Magazin "Foreign Policy" lästerte, Ban sei ein "Dilettant auf der internationalen Bühne". Es half auch nicht, dass er in der Frühphase seiner UN-Zeit die unheilvolle Neigung zeigte, sich selbst zu beschädigen. Unvergessen ist Bans eigenes Bonmot, dass man ihn in seiner Heimat den "schlüpfrigen Aal" genannt habe.

Die Ban-Schelte dringt auch aus den UN nach außen. So mäkelte die schwedische UN-Funktionärin Inga-Britt Ahlenius, unter Bans Führung sei die UN-Zentrale in die "Irrelevanz" abgedriftet. Tatsächlich: Noch immer fehlt Ban das große Thema. Zwar betonte er direkt nach seiner Bestätigung in der UN-Vollversammlung, er wolle weiterhin vorneweg gegen den Klimawandel kämpfen. Doch bislang sind die Resultate eher mager. Ban-Gegner gehen so weit, den UN-Chef für das Scheitern des Klimagipfels in Kopenhagen 2009 mitverantwortlich zu machen.

Noch keine Erfolge bei Armut, Frieden, Menschenrechten

Ebenso können die Vereinten Nationen im Kampf gegen die Armut keinen Durchbruch vermelden. Bis 2015 aber will die Weltorganisation das Elend auf dem Planeten entscheidend zurückdrängen, wie in den Millenniumsentwicklungszielen festgelegt. UN-Funktionäre drängen: "Ban muss sich endlich voll für den Kampf gegen die Armut ins Zeug legen."

Auch auf dem wichtigsten Feld der Weltorganisation, der Schaffung von Frieden und Sicherheit, sieht Bans Bilanz nicht beeindruckend aus. Neben den Bürgerkriegen und Revolten in der arabischen Welt müssen sich die Vereinten Nationen mit mehr als 30 weiteren bewaffneten Konflikten herumschlagen. Bislang schaffte Ban es nicht, einen der großen Brandherde zu löschen.

Ebenso machte der Generalsekretär bei der Verteidigung der Menschenrechte lange keine gute Figur. Immerhin prangert Ban jetzt die arabischen Despoten an, die ihre Völker terrorisieren. In einem Interview nach der Wiederwahl mit der britischen BBC forderte Ban die syrische Führung auf, endlich auf die Anliegen der Opposition einzugehen. Einige Diplomaten glauben, das entschiedene Auftreten des Koreaners gegen die Tyrannen im Nahen Osten markiere einen Wendepunkt in seiner Amtszeit: Ban könnte jetzt in seine Rolle hineinwachsen.

epd