ZDF-Chef: App-Klage ist "rückwärtsgewandt"

ZDF-Chef: App-Klage ist "rückwärtsgewandt"
Die Klage einiger Zeitungsverleger gegen die Tagesschau-App ist nach Ansicht des ZDF-Chefredakteurs Peter Frey ein "rückwärtsgewandtes Gefecht". Die Medien müssten vielmehr auf Kooperation setzen, sagte er am Dienstagabend bei einer Podiumsdiskussion in Frankfurt am Main.

Während die öffentlich-rechtlichen Sender Texte im Internet veröffentlichten, griffen viele Zeitungen auf Videoinhalte zurück. Zurzeit lösten sich die Grenzen einzelner Genres und Medien auf, erklärte Frey. Die Verleger hätten das bisher missverstanden. "Die Medien wachsen zusammen", sagte er. Dabei kämpften alle darum, unverzichtbar zu sein.

Dem Journalismus fehlt es an Qualität

Der Chefredakteur der "Frankfurter Neuen Presse", Rainer Gefeller, sieht das Problem der Zeitungen in der Qualität der Berichterstattung. "Die Zeitungskrise ist nicht primär verursacht durch das Internet", betonte er. Der Journalismus sei schlechter geworden, er habe sich von den Menschen entfernt und sei zu bürokratisch geworden. "Der Weg zurück zu gutem Journalismus ist schwieriger als der Wiedereinzug der Frankfurter Eintracht in die erste Liga", sagte Gefeller in einer Anspielung auf den Abstieg des Fußball-Bundesligisten.

Verleger müssen nach Ansicht des Vorsitzenden vom Netzwerk Recherche, Thomas Leif, in guten Journalismus investieren. Mit Qualität könne sich nicht nur die Zeitung hervortun, es helfe auch dem Online-Auftritt. "Echte Exklusivität ist wichtig", sagte Leif. Als Beispiel nannte er die Wochenzeitung "Die Zeit" und ihre Interviews mit dem Wettermoderator Jörg Kachelmann und dem früheren Bundespräsidenten Horst Köhler. Allerdings hätte sich die klassischen Nachrichtenfaktoren "stillschweigend verändert", sagte Leif. "Interessant" sei nun wichtiger als "relevant". Das müsse sich wieder ändern.

Die Mediennutzung hat sich verändert

Dem widersprach der Medienwissenschaftler Robin Meyer-Lucht. Früher hätten "gewisse Eliten" die Relevanz von Nachrichten bestimmt, sagte er. Mittlerweile seien dies jedoch Individuen. "Die Leute leben in individualisierten Medienwelten", betonte Meyer-Lucht.

Der Chefredakteur der Zeitschrift "Wirtschaftswoche", Roland Tichy, sieht das ähnlich. "Zielgruppen gibt es nicht. Das ist Käse", sagte er. Medien müssten die Haltung aufgeben, dass ein Mensch nur ein Medium nutze. Jedes Medium müsste etwas anbieten, was es für den Einzelnen interessant mache.

epd