TV-Tipp: "Donna Leon: Verschwiegene Kanäle" (ARD)

TV-Tipp: "Donna Leon: Verschwiegene Kanäle" (ARD)
In der Eliteakademie von San Martino wird ein Kadett tot im Waschraum gefunden; offenbar war es Selbstmord. Als sich kurz drauf ein zweiter Nachwuchssoldat das Leben nimmt, glaubt Commissario Brunetti nicht an einen Zufall.
17.06.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Donna Leon: Verschwiegene Kanäle", 18. Juni, 20.15 Uhr im Ersten

Tatsächlich scheinen die Söhne einen Konflikt auszubaden, in den ihre Väter verwickelt sind: Ein unbequemer Politiker hatte vor Jahren einen Untersuchungsausschuss ins Leben gerufen, der sich mit Rüstungsgeschäften befassen sollte. Nachdem seine Frau bei einem angeblichen Jagdunfall schwer verletzt worden war, verschwanden die Ergebnisse in der Schublade.

Sigi Rothemund inszeniert auch diese Donna-Leon-Adaption gewohnt routiniert und unaufgeregt. Man merkt den Filmen an, dass sämtliche Beteiligte mehr angestrebt haben als Fernsehen von der Stange. Andererseits kann auch Hauptdarsteller Uwe Kockisch nicht verhindern, dass die Romanverfilmungen mittlerweile selbst einem gewissen Muster gehorchen: Die im Auftrag der Degeto entstandenen Krimis haben mit ihren stereotypen Zwischenschnitten auf die Sehenswürdigkeiten Venedigs und den wenig einfallsreichen Einstellungen vom Ermittler-Duo, das sich per pedes oder zu Schiff seinen Weg durchs Gassen- und Kanalgewimmel bahnt, längst ein eigenes Brunetti-Schema geprägt.

Mit Udo Schenk und Walter Kreye

Sehenswert ist "Verschwiegene Kanäle" trotzdem: weil Rothemund ein Darsteller-Regisseur der alten Schule ist. Stellvertretend für viele andere: die Leistung Udo Schenks. Der längst zum "Bösewicht vom Dienst" abgestempelte Mime gewinnt dem schurkischen Leiter der Militärakademie durch seine nuancierte Darstellung feine Züge ab, die deutlich über seine zuweilen schlicht klischeehaften Darstellungen hinausgehen. Auch Walter Kreye profitiert als idealistischer Politiker und Vater des ersten Opfers enorm von Rothemunds Regie.

Einen krassen, aber reizvollen Gegensatz zu den gelegentlichen Gewalteinlagen, die angesichts der sonstigen Sanftheit dieser Filme fast schon drastisch wirken, bilden die vereinzelten Humoresken am Rande; selbst wenn auch sie zum Repertoire der Reihe gehören.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).