Damals, als Frauenfußball noch verboten war

Damals, als Frauenfußball noch verboten war
Fußballerinnen hatten es noch nie leicht. Aber es ist noch keine 60 Jahre her, dass ihnen der Sport seitens des DFB buchstäblich untersagt war. Mutige Frauen spielten trotzdem - und setzten sich durch.
15.06.2011
Von Lieselotte Wendl

Schwarzes Hockeyröckchen, schwarze Bluse und eine extra große Brusttasche für die roten und gelben Karten, die die Mama aufgenäht hatte – so lief Helga Altvater, damals noch unter ihrem Mädchennamen Helga Kratz, auf dem Fußballplatz auf, wenn sie als Schiedsrichterin ein Spiel pfiff. Das war Anfang der 1970er Jahre und eine Frau als Schiedsrichterin eine Sensation, ebenso wie die Spiele von Frauen. Denn bis 1970 war der Frauenfußball vom DFB verboten.

Bis es so weit war, dass auch Frauen offiziell die Fußballschuhe schnüren und gar in einer eigenen Liga kicken durften, mussten sie eine Menge Hindernisse überwinden. Einen ersten Versuch, eine Frauenfußballmannschaft zu gründen, startete schon 1930 die Frankfurter Metzgerstochter Lotte Specht. Mit einigen Mitstreiterinnen, die sie per Zeitungsinserat gefunden hatte, gründete sie den 1. Deutschen Damen Fußball Club, kurz 1. DDFC.

Das Interesse der Frauen war immerhin so groß, dass schon bald eine zweite Mannschaft spielte. Aber die Männer machten es ihnen schwer. Zum einen verweigerte der DFB ihnen die Aufnahme. Zum anderen berichteten die Zeitungen oft sehr hämisch über ihre Spiele. Und so blieb der 1. DDFC eine Episode und löste sich nach einem Jahr wieder auf. Auch die Nationalsozialisten beendeten schnell sämtliche Versuche der Frauen, Fußball zu spielen. Als "nicht fraugemäß" klassifiziert kam der Fußballsport in dieser Zeit für Frauen nicht in Frage.

Frauen nicht zu bremsen

Doch nach dem Krieg ging es weiter. Die Frauen wollten einfach nur Fußball spielen und taten es auch. Doch der Deutsche Fußballbund sah die Aktivitäten der Frauen nicht gerne und verbot 1955 seinen Vereinen, Damenfußballmannschaften zu gründen oder unter ihrem Dach aufzunehmen. Auch wer die Frauen auf vereinseigenen Plätzen spielen ließ, musste mit Sanktionen rechnen.

Also fanden fortan die meisten Frauenfußballspiele auf kommunalen Plätzen statt. Denn aufhalten ließen sich die Frauen davon nicht. Sie wollten einfach nur ihre Freude beim Spielen haben. Trotz offiziellen Verbots trugen sie in den 50er Jahren sogar einige Länderspiele aus. Da spielten dann zum Beispiel einmal Holland gegen Deutschland, oder Westdeutschland gegen Westholland.

Der Schwerpunkt des deutschen Frauenfußballs lag zu jener Zeit im Ruhrpott, wo auch 1956 ein Mann, der Kaufmann Willi Ruppert, den Westdeutschen Damenfußballverband e.V., gründete. Er wollte den Sport der Frauen fördern und richtete jene Länderspiele aus, die er auch als wirtschaftliches Potenzial erkannt hatte. Immerhin verfolgten 1956 im Essener Matthias-Stinnes-Stadion 18.000 Zuschauer den Sieg der deutschen Frauen-Elf gegen die Niederlande.

Fußballspielen beim Schützenverein

In Frankfurt am Main, das später zur Hochburg des Frauenfußballs werden sollte, gründeten sich Mitte der 1960er Jahre gleich zwei Vereine. Sie schrieben in der Stadt Fußballgeschichte, auch wenn sie heute nicht mehr existieren: Oberst Schiel und Franken 66.

"Die Schützen spielen gegen die Franken", hieß es damals oft. Die Schützen, das waren die Frauen, die unter dem Dach des Schützenvereins Oberst Schiel ihren Sport betrieben. Die Franken hatten sich im Betriebssportverband Hessen e.V. als Sportgemeinschaft gegründet und nannten sich nach der Frankenallee, in der ihr Vorsitzender wohnte. Standen die Frauen der Franken erst nur mit kritischen Kommentaren am Spielfeldrand, wenn ihre Männer kickten, so wollten sie es bald besser machen und zogen selbst die Fußballschuhe an.

Die reine Spielfreude

Noch heute spürt man etwas von der reinen Spielfreude, die die Frauen antrieb, wenn man mit den "alten Damen" etwa von Oberst Schiel spricht. "Wir hatten einfach Spaß am Spielen und nicht so großen Druck wie die Spielerinnen heute", erinnert sich Bärbel Scholz (links, mit Monika Dohles, Mitte, und Christel Enz vom Verein Oberst Schiel. Foto: L. Wendl). Darauf führt die 57-Jährige auch zurück, dass es bei ihnen nicht zu schweren Verletzungen kam, auch wenn sie natürlich immer siegen wollten. Zeitweise waren die Spiele der Frauen so beliebt, dass eine örtliche Zeitung fragte: "Nimmt Oberst Schiel der Eintracht die Zuschauer weg?"

Dass die "Schützen" fast immer auf der Siegerstraße waren, dafür sorgte ihr Trainer Ferdi Stang, "der beste Trainer der Welt", wie Monika Dohles sagt, auch sie einst Spielerin bei Oberst Schiel. Ferdi Stang führte seine Elf dann auch 1977 bis ins Endspiel um die deutsche Meisterschaft, das unglücklich mit 0:1 verloren ging. Regina Senkler erinnert sich nur ungern an diese Partie, obwohl es der größte sportliche Erfolg des Vereins war. "Ich habe den entscheidenden Fehler gemacht", hadert sie bis heute mit sich. Dafür hatte sie, die bis zum Alter von 53 Jahren aktiv spielte, später großen Anteil daran, dass Frauenfußball gerade in ihrer Heimat sehr erfolgreich wurde. Sie wurde Hessens erste Frauenfußballreferentin.


Die Begleitbroschüre des Frankfurter Eintracht Museums im Rahmen der Ausstellung zur Geschichte des Frauenfußballs mit dem Titel "20 Köpfe – 11 Geschichten" ist erhältlich beim Eintracht-Frankfurt-Museum, Commerzbank-Arena, Mörfelder Landstr. 362, 60528 Frankfurt.

Lieselotte Wendl arbeitet als freie Journalistin in Frankfurt.