Iris Berben: "Man steht unter ständiger Beobachtung"

Iris Berben: "Man steht unter ständiger Beobachtung"
Sie ist die Frau für alle Fälle: Seit vier Jahrzehnten überzeugt Iris Berben im ernsten wie im komischen Fach, gibt in der Krimireihe "Rosa Roth" die clevere Ermittlerin und spielt in großen Kino- oder Fernsehproduktionen die Hauptrolle. Im TV-Drama "Niemand ist eine Insel" (13.6., 20.15 Uhr, ZDF) nach einem Roman von Bestsellerautor Johannes Mario Simmel spielt Iris Berben eine Rolle, bei der sie eine ganze Menge Erfahrung aus ihrem eigenen Leben beisteuern konnte: Die 60-jährige verkörpert einen Filmstar.
13.06.2011
Die Fragen stellte Martin Weber

Diese Sylvia Moran ist eine typische Figur aus einem Simmel-Roman – schön, geheimnisvoll und mit Brüchen und Kanten, die sich erst nach und nach erschließen. Als Sylvia Moran nach einer Benefizgala für behinderte Kinder die Fassung verliert und sich in ihrer Garderobe zu erschreckenden Ausfälligkeiten hinreißen lässt, wird sie erpresst – und ihr Leben gerät aus den Fugen. Produziert wurde die Romanverfilmung wie andere Simmel-Adaptionen in jüngerer Zeit auch von Iris Berbens Sohn Oliver Berben, der zu den erfolgreichsten TV-Produzenten in Deutschland gehört. Iris Berben ist mit einem zehn Jahre jüngeren Stuntman liiert und lebt hauptsächlich in Berlin.

Frau Berben, die berühmte Schauspielerin Sylvia Moran, die Sie in der Simmel-Verfilmung spielen, bricht in einer Szene ein Interview mit einem Journalisten entnervt ab. Das wird mir jetzt mit Ihnen nicht passieren, hoffe ich.

Iris Berben: Das hoffe ich auch (lacht). Es ist in den vielen Jahren, die ich als Schauspielerin arbeite, auch nur ein einziges Mal vorgekommen, dass ich ein Interview abgebrochen habe. Ich will darauf jetzt nicht näher eingehen, aber es war die absolute Ausnahme.

Ärgern Sie sich denn manchmal über die Berichterstattung über Sie und Ihre Arbeit?

Berben: Selten, in den meisten Fällen komme ich ja auch ganz gut weg (lacht). Ich habe übrigens keinerlei Problem mit Kritik an dem, was ich mache, mag es aber nicht, wenn ich den Eindruck habe, dass jemand mit einer vorgefassten Meinung an die Sache rangeht oder sich nicht ausreichend mit dem Thema auseinandergesetzt hat.

Ist es schwer, eine öffentliche Person zu sein?

Berben: Wenn man als Schauspieler nicht lernt, mit der Öffentlichkeit umzugehen, ist man im falschen Beruf. Ich drehe Filme, ich mache Fernsehen, ich halte Lesungen – und ich mache diese Arbeit ja, damit sie von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Es kommt darauf an, dass man professionell damit umgeht, das gelingt mir glaube ich ganz gut.

Aber haben Sie denn nicht manchmal Sehnsucht nach einem ganz normalen Leben?

Berben: Man steht natürlich unter ständiger Beobachtung, wenn man bekannt ist – ich musste schon lernen, damit umzugehen. Man kann sich aber auch seine Auszeiten nehmen und immer mal wieder von der Bildfläche verschwinden. Außerdem führe ich neben meiner Arbeit ja ein ganz normales Leben. Ich habe ein Kind großgezogen, bereite mir mein Essen zu, nehme ganz normal am Alltag teil – ich kann mich nicht beklagen. Vielleicht komme ich seit vier Jahrzehnten mit meinem Beruf so gut klar, weil ich privat mit beiden Füßen fest auf dem Boden stehe. Ich habe meine Neugier auf den ganz normalen Alltag nie verloren.

Können Sie in Deutschland überhaupt von der Bildfläche verschwinden? Sie werden doch an jeder Ecke sofort erkannt.

Berben: Oh ja, man kann sich schon zeitweise entziehen – ich verrate Ihnen aber nicht wie, weil ich mir sonst wieder was Neues ausdenken muss (lacht). Aber Sie haben natürlich recht: Wenn ich zum Beispiel in ein Restaurant gehe, bemerken mich die Menschen.

Ist das lästig?

Berben: Gar nicht. Ich versuche allerdings Augenkontakt zu vermeiden und so schnell wie möglich an meinen Platz zu kommen. Ich möchte schließlich einen ruhigen Abend haben und keine unnötige Aufmerksamkeit erregen.

Wie ist das mit den Privilegien, die man als Prominenter hat?

Berben: Die gibt es natürlich, man hat es in vielerlei Hinsicht ganz sicher leichter. Ob man den Platz im Restaurant noch kriegt, der eigentlich nicht mehr da ist, oder in anderer Weise bevorzugt wird. Wobei ich glaube, dass das auch viel mit der Persönlichkeit zu tun hat, die man ist – so etwas wie einen automatischen Promibonus gibt es nicht. Die Menschen unterscheiden da schon sehr genau und merken, ob jemand seinen Promistatus ausnutzt oder ob er das nicht tut. Ich jedenfalls möchte nicht nur aufgrund meiner Popularität geschätzt werden, sondern wegen meiner Persönlichkeit und wegen der Dinge, die ich mache.

Macht Erfolg einsam?

Berben: Er macht dann einsam, wenn du dich ausschließlich über deinen Beruf und Erfolgserlebnisse definierst, wie das Sylvia Moran im Film macht. Wenn man seine Erfüllung nur im Erfolg findet, dann wird man einsam. Ich selber bin da einen anderen Weg gegangen, vielleicht auch, weil ich so ein pragmatischer Mensch bin: Ich weiß, dieses Leben besteht aus so viel mehr als aus Beruf, da gibt es zum Beispiel auch noch so was wie Familie. Oder politisches Bewusstsein, das einen dazu anhält, sich einzumischen und zu engagieren – das halte ich für enorm wichtig.

Verformen Popularität und Erfolg den Charakter, wie das der bedauernswerten Sylvia Moran passiert ist?

Berben: Nur dann, wenn du nicht mehr unterscheiden kannst: Ist es nur deine Popularität, für die man dich schätzt, oder ist es deine Arbeit. Als ich noch jünger war, war ich sicher auch noch verführbarer und habe manchmal mit dem Gedanken gespielt, mich einfach fallen zu lassen – so nach dem Motto: Es wird ja sowieso alles für dich erledigt. Aber das ist nicht so, du musst selber Stein auf Stein setzen. Wenn ich das nicht beherzigt hätte, wäre meine Karriere sicher früh zu Ende gewesen.

Was hätte der vor zwei Jahren verstorbene Johannes Mario Simmel dazu gesagt, dass Sie die Figur spielen? Sie waren ja eng mit ihm befreundet.

Berben: Ich glaube, dass er sich darüber gefreut hätte. Der Roman ist ja viel verzweigter und verzwickter, als es das Drehbuch sein kann. Viele Autoren kommen nur schwer damit zurecht, wie ihre Bücher verfilmt werden, zu denen gehörte er sicher nicht – es sind ja viele Filme nach seinen Romanvorlagen entstanden. Ich denke, dass er damit einverstanden wäre, welche Quintessenz wir aus dem Stoff gezogen haben.

Er hat Ihnen überallhin Blumensträuße geschickt, sagt man.

Berben: Oh ja, rote Rosen. Mario war ein ungeheurer Romantiker.


Martin Weber ist freier Medien- und Fernsehjournalist in Berlin.