Konsumkritik: Kann Einkaufen die Welt verbessern?

Konsumkritik: Kann Einkaufen die Welt verbessern?
Ob CO2-neutrale Kondome oder mit Rhabarber gegerbtes Leder - fast alle Produkte gibt es auch in einer ökologisch korrekten Variante. Im Internet helfen Online-Plattformen bei der Suche. Eine Konferenz in Frankfurt beschäftigt sich mit dem Karma des Konsums.
10.06.2011
Von Sandra Trauner

Kann Einkaufen die Welt verbessern? Zumindest ein bisschen, glauben die Organisatoren der 5. KarmaKonsumKonferenz Frankfurt, einer Messe für Menschen, die bei ihrem Konsumverhalten auf Nachhaltigkeit achten. "LOHAS" nennt man neudeutsch diese Leute, das steht für "Lifestyle of Health and Sustainability" - gesunder und nachhaltiger Lebensstil. Diese kleine, aber finanzstarke Klientel bevorzugt Waren, die ressourcenschonend produziert sind und fair gehandelt wurden, und sie belohnt Firmen, die sich sozial verhalten.

"Wirtschaftswachstum ist nicht mit Nachhaltigkeit vereinbar"

Ideen gibt es mehr als genug, wie auf der Konferenz am Donnerstag und Freitag zu erfahren war. Unter den Finalisten für den mit 10.000 Euro dotierten KarmaKonsum-Gründerpreis waren eine Firma, die Leder ohne Chemie mit Rhabarberwurzeln gerbt, eine Suchmaschine, bei der jeder Klick dem Regenwald im Amazonas zugutekommt und ein Gartenbauprojekt, das Ackerflächen an Großstädter vermietet. Auf dem Grabbeltisch der Messe präsentiert sich ein Hersteller CO2-neutraler Kondome und eine Firma, die Eis mit Agaven süßt. Dabei ist die KarmaKonsumKonferenz eigentlich keine Verbrauchermesse wie der "Heldenmarkt" in Berlin - hier in Frankfurt geht es um den Diskurs.

[listbox:title=Mehr im Netz[Dachverband Dasselbe in Grün##korrekte-klamotten.de##Der Avocado-Store##etsy.de##Carrot-Mobs in Berlin und Deutschland]]

"Weniger Autos sind natürlich besser als mehr." Winfried Kretschmann, der erste grüne Ministerpräsident, hat sich mit diesem Satz vielleicht Feinde gemacht im Autoland Baden-Württemberg. Auf der Konferenz wurde er damit zum Helden. Gleich mehrfach wurde er zitiert. Unter anderen von der Eröffnungsrednerin Angelika Zahrnt, Mitglied im Rat für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung. Korrekter Konsum meine immer ein Stück weit auch Konsumverzicht, redete die Volkswirtschaftsprofessorin den Teilnehmern ins Gewissen. "Wirtschaftswachstum als prioritäres Ziel ist nicht mit Nachhaltigkeit vereinbar."

Die "Win-win-win-Situation" ist der große Wunsch

Vieles in dieser Szene läuft über das Internet: Auf "korrekte-klamotten.de" bloggen Hersteller und Läden über "korrekt" produzierte Kleidung. Als "Marktplatz für eco fashion und green lifestyle" versteht sich der Avocado-Store, in dem mehr als 13.000 "grüne" Produkte eingestellt sind - vom wasserdruckbetriebenen Duschradio bis zur Tasche aus Feuerwehrschlauch. Selbstgemachtes aus allen Handarbeitstechniken bekommt man bei "etsy.de". Einen Dachverband für nachhaltig wirtschaftende Unternehmen gibt es auch schon: Er heißt "Dasselbe in Grün".

Über das Internet organisieren sich auch die Mitglieder der Carrotmob-Bewegung. Ein Carrotmob ist das Gegenteil von Boykott: Statt nicht-nachhaltig wirtschaftende Geschäfte durch Enthaltung zu bestrafen werden ökologisch korrekte Läden durch Massen-Einkäufe belohnt. Konkret funktioniert das so: Über das Internet verabreden sich Menschen, zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Laden einzukaufen, wenn der Besitzer verspricht, einen Teil des Mehrerlöses zugunsten der Umwelt zu reinvestieren. Eine "Win-win-win-Situation", von der Ladenbetreiber, Käufer und Umwelt profitieren, glaubt Erfinder Brent Schulkin.

Dass der Kalifornier mit dem Flieger anreiste, machte die Organisatoren nicht glücklich: "Seine Flugreise kompensieren wir natürlich", betonte KarmaKonsum-Erfinder Christoph Harrach, der auch ein gleichnamiges Internet-Portal betreibt. Welches Karma hat der Konsum? Immer das, das wir ihm geben, sagt Harrach. Karma meine nichts anderes als Wirkung: Letztlich gehe es nur darum, beim Einkauf die Wirkung mitzubedenken. Damit könne man vielleicht nicht die Welt retten, "aber Konsum ist ein guter Einstieg".

dpa