Kriegsspiele für Kinder ohne strafrechtliche Konsequenzen

Kriegsspiele für Kinder ohne strafrechtliche Konsequenzen
Kriegsspiele für Kinder in einer Bad Reichenhaller Bundeswehr-Kaserne haben bundesweit für Aufregung gesorgt. Die Staatsanwaltschaft allerdings sieht keine Straftat.
09.06.2011
Von Paul Winterer

Die Kriegsspiele für Kinder in einer Bad Reichenhaller Kaserne bleiben ohne strafrechtliche Konsequenzen. Die Staatsanwaltschaft in Traunstein wird kein Ermittlungsverfahren einleiten. Es lägen "keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten vor", teilte die Behörde am Mittwochabend mit.

Bei einem Tag der offenen Tür hatten Kinder vor gut eineinhalb Wochen unter Anleitung von Soldaten der Gebirgsjägerbrigade 23 mit Zielerfassungssystemen von echten Panzerfäusten auf kleine Holzhäuser zielen können - in einem nachgebauten Mini-Dorf "Klein-Mitrovica", in Anlehnung an die gleichnamige Stadt im Kosovo.

Auch der Verteidigungsausschuss des Bundestags befasste sich am Mittwoch mit dem Thema, allerdings ohne konkretes Ergebnis. Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus lässt die Vorgänge prüfen, warnte aber vor Vorverurteilungen. "Ich habe großes Vertrauen in die Aufklärungsarbeit der Truppe", sagte Königshaus. Erst nach Vorlage der Untersuchungsergebnisse sei eine Beurteilung möglich.

Keine Strafbarkeit nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz

Die Staatsanwaltschaft schilderte am Mittwoch Einzelheiten der umstrittenen Kriegsspiele. Ihren Angaben zufolge hatte es sich bei der Station mit dem nachgebauten Ort Mitrovica um einen Wettbewerb gehandelt, bei dem sich Erwachsene mit Kindern messen konnten. Die Kinder hätten aber keine Waffen zur Verfügung gehabt. Eine Strafbarkeit nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz scheide daher aus.

Eine Überprüfung habe zudem ergeben, dass das besagte Miniaturdorf mit dem Ortsschild "Klein-Mitrovica / Kreis Zwickau" schon vor Jahren zu Ausbildungszwecken vom Gebirgsfernmeldebataillon 210 angefertigt worden sei. Die Einheit habe sich damals im Rahmen des KFOR-Einsatzes im Kosovo aufgehalten. Daher fehle es "schon am objektiven Tatbestand der Volksverhetzung", erklärte der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Vordermayer mit.

Zwar seien Waffen entgegen internen Vorgaben der Bundeswehr in die Hände von unter 18-Jährigen gelangt, heißt es in der Mitteilung weiter. "Eine strafbare Handlung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz liegt in diesem Zusammenhang - unabhängig vom Alter der Besucher - nicht vor." Die Besucher des Tages der offenen Tür hätten zu keinem Zeitpunkt "die tatsächliche Sachherrschaft über die Waffe übertragen erhalten oder erworben".

Interne Ermittlungen der Bundeswehr laufen

Die Kriegsspiele hatten für heftige Reaktionen gezeigt. Die Stadt Mitrovica im Kosovo war seit dem Zweiten Weltkrieg mehrmals Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen - von 1999 an auch unter Beteiligung von KFOR-Truppen, zu denen die Gebirgsjäger aus Bad Reichenhall zählen. Der kosovarische Außenminister Enver Hoxhaj will den Vorfall bei seinem Besuch in Berlin ansprechen. Hoxhaj trifft sich am Freitag mit Außenminister Guido Westerwelle (FDP).

An diesem Donnerstag will sich die Bundeswehr im baden-württembergischen Sigmaringen zu ihren internen Ermittlungen äußern. Die dortige 10. Panzerdivision hat die Federführung der Bundeswehr-Untersuchung.

dpa