Merkels Auszeichnung: Roter Teppich im Weißen Haus

Merkels Auszeichnung: Roter Teppich im Weißen Haus
Die Kanzlerin in langer schwarzer Robe, an ihrer Seite Ehemann Joachim Sauer. Die Obamas empfangen sie auf dem roten Teppich vor dem Weißen Haus. Für die Verleihung der Freiheitsmedaille des US-Präsidenten bedankt sich Merkel mit einer beeindruckenden Rede.
08.06.2011
Von Kristina Dunz

Gewitter über Washington waren vorhergesagt, doch kein Wölkchen zog am Himmel auf. Die Sonne hält sich von den militärischen Ehren am Morgen vor dem Weißen Haus bis zum Empfang für die Verleihung der Freiheitsmedaille am Abend im Rosengarten. Und während des ganzen Tages wird intensiv daran gearbeitet, Kratzer am deutsch-amerikanische Verhältnis auszubessern: Ein perfekter Tag für Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Pompöser Empfang zum Staatsbankett

US-Präsident Barack Obama rollt am Abend (Ortszeit) für sie den roten Teppich aus. Mit seiner Frau Michelle begrüßt er Merkel und ihren Ehemann, Joachim Sauer. Bei den Salutschüssen für die Kanzlerin am Morgen war der Chemieprofessor nicht dabei, weil er noch einen Vortrag in Detroit hielt. Am Abend dann begleitet er die Kanzlerin - ein seltenes Bild.

Denn Sauer, der auch nicht zur Vereidigung seiner Frau als Kanzlerin gekommen war, hält sich von der Öffentlichkeit meistens lieber fern. Und vielleicht weil es eine Ausnahme ist, steigt Merkel schwungvoll aus ihrer schwarzen Limousine aus und steuert auf die an der Treppe wartenden Obamas zu, als sie sich kurzerhand umdreht und wieder einen Schritt auf ihren Mann zuging, der um das große Auto erst noch herumgehen muss.

Merkel trägt ein langes schwarzes Kleid, Sauer einen Smoking. Die Sonne scheint der Kanzlerin ins Gesicht und die 56-Jährige wirkt gelöst und fröhlich - trotz ihres von manchen Begleitern als "Höllenprogramm" bezeichneten Arbeitspensums in den vergangenen Wochen: Vom G8-Gipfel über den deutschen Atomausstieg und eine Kurzreise nach Indien und Singapur bis zu diesem großen und wichtigen Besuch in Amerika. "Den heutigen Tag werde ich nicht vergessen", sagt Merkel.

"Diese Auszeichnung ist ein sehr bewegender Moment"

Am Abend verleiht Obama ihr bei einem Staatsbankett die Freiheitsmedaille, die höchste zivile Auszeichnung, die er vergeben kann. Er zeigt sich beeindruckt von der beispiellosen politischen Karriere dieser Tochter eines evangelischen Pfarrers, die sich als erste Ostdeutsche und als erste Frau an die Regierungsspitze der Bundesrepublik kämpfte. Obama sagt, Merkel sei eine "Stimme für Menschenrechte weltweit" und ein "Symbol des Triumphs der Freiheit".

Merkel revanchiert sich in ihrer, gemessen an ihrer sonstigen Nüchternheit emotionalen Rede bei Obama mit der Feststellung: "Sie sind ein Mann mit starken Überzeugungen. Sie berühren mit ihrer Leidenschaft und ihren Visionen für eine gute Zukunft die Menschen auch in Deutschland."

Und sie lässt keinen Zweifel daran, dass sie berührt und gerührt über ihre Auszeichnung ist: In der DDR habe sie Jahre von der Freiheit geträumt, auch von der Freiheit, in die USA zu reisen. "Ich hatte mir das sehr fest vorgenommen für den Tag, an dem ich das Rentenalter erreiche. Aber, dass ich einmal im Rosengarten des Weißen Hauses stehen würde und von einem amerikanischen Präsidenten die Freiheitsmedaille empfangen würde, das lag jenseits aller meiner Vorstellungskraft. Und glauben Sie mir, diese Auszeichnung ist ein wirklich sehr bewegender Moment."

Einladung Obamas nach Berlin

Bleibt für Merkel, Obama nach Berlin einzuladen. In der Hauptstadt war er zwar 2008 - da war noch George W. Bush US-Präsident und Obama Kandidat. Merkel ließ ihn nicht am Brandenburger Tor, sondern nur an der nicht ganz so symbolhaften Siegessäule sprechen. Danach kam Obama noch zwei Mal nach Deutschland. Nach Berlin kam er nicht. Kommt er nun? Mit Blick auf eine mögliche zweite Amtszeit sagt Obama verschmitzt, er habe Zeit.

Merkel betont: "Was Berlin anbelangt, sage ich von meiner Seite nur, Berlin steht jeden Tag bereit, ihn herzlich zu empfangen. Aber wir Berliner können auch warten. Ich kann versprechen, das Brandenburger Tor steht noch eine Weile."

dpa