FR-Chefredakteur: Bedeutung von Journalismus wächst

FR-Chefredakteur: Bedeutung von Journalismus wächst
Der Chefredakteur der "Frankfurter Rundschau", Rouven Schellenberger, sieht eine wachsende Bedeutung des Journalismus im Zeitalter des Internet. Angesichts der Informationsflut werde die Einordnung von Informationen wichtiger, sagte Schellenberger am Donnerstagabend in Frankfurt am Main. Journalisten würden nicht überflüssig, sie müssten Themen jedoch schneller an die Leser heranbringen.

Die politische Beteiligung sei anders organisiert als früher, sagte Schellenberger, das stelle auch an die Journalisten neue Anforderungen. Das Beispiel der Doktorarbeit des früheren Verteidigungsministers Karl Theodor zu Guttenberg habe gezeigt, wie aus einer medialen Berichterstattung eine Bewegung im Internet erwachsen sei, die die politischen Vorgänge beschleunigt habe.

Der Chefredakteur, der für den digitalen Auftritt der FR verantwortlich ist, kritisierte, die Zeitungen hätten in der Vergangenheit den Servicegedanken vernachlässigt. Die Leser wollten kurze, prägnante Informationen, sagte Schellenberger. Sie wollten aber auch durch Medien unterhalten werden.

Marian Adolf, Professor für Medienkultur an der Zeppelin Universität Friedrichshafen, sagte, das Internet trage dazu bei, die bestehenden Medienkulturen zu untergraben. Immer mehr Menschen fänden immer mehr Gehör. Nachdem Internetblogger und Journalisten sich jahrelang befehdet hätten, steige inzwischen die gegenseitige Wertschätzung. Die Tatsache, dass die Internetplattform Wikileaks inzwischen mit großen Medien kooperiere, sei ein "großes Kompliment der Netzgemeinde an den Journalismus".

Junge Mediennutzer erwarten, dass Nachrichten zu ihnen kommen

Der Mediensoziologe Jeffrey Wimmer von der Technischen Universität Ilmenau sagte, Qualitätsjournalismus habe zwar nach wie vor einen hohen Stellenwert, doch es stelle sich die Frage, wer noch bereit sei, dafür zu zahlen. Die jungen Mediennutzer hätten den Anspruch, dass "die Nachrichten zu ihnen kommen".

Junge Menschen würden sehr durch virtuelle Simulationen - beispielsweise in Computerspielen ("games") angesprochen, dies führe zu einer "gamification" der Netzkultur, sagte Wimmer. "Guttenplag", die Internetseite, auf der Nutzer Plagiate in Guttenbergs Doktorarbeit identifizierten, sei auch deshalb so erfolgreich gewesen, weil es von denjenigen, die sich daran beteiligten, als ein Spiel gesehen worden sei.

Wimmer, Schellenberger und Adolf diskutierten am Donnerstagabend bei der Veranstaltung "Netz und Neuronen - Wie digitale Medien unser Denken verändern", die von der Hessischen Landesanstalt für Privaten Rundfunk und neue Medien organisiert wurde.

epd