Käßmann klagt: "Wir profitieren vom Krieg"

Käßmann klagt: "Wir profitieren vom Krieg"
Zum Auftakt der internationalen christlichen Friedenstagung in Kingston (Jamaika) haben prominente Kirchenvertreter ein stärkeres Eintreten für den Frieden gefordert. Aufgabe der Kirchen sei es, die Ursache des Bösen zu benennen und diese Ursachen zu überwinden, sagte der russisch-orthodoxe Metropolit Hilarion am Mittwoch (Ortszeit) bei der Eröffnung der vom Weltkirchenrat organisierten Tagung. Die evangelische Theologin Margot Käßmann betonte: "Die Glaubwürdigkeit der Kirche hängt unter anderem davon ab, wie sie mit Gewalt umgeht."

Gewalt sei auf keine Weise von der Religion legitimiert, sagte Käßmann und verwies auf die rund zwei Milliarden Christen weltweit. "Wenn wir radikal für Gewaltlosigkeit eintreten, dann wird das definitiv einen Unterschied machen." Zugleich sagte die ehemalige hannoversche Landesbischöfin: "Es ist an der Zeit, dass die Religion sich weigert, missbraucht zu werden, indem Öl auf das Feuer des Krieges und des Hasses gegossen wird."

Auch der ehemalige Leiter des Versöhnungszentrums in Coventry, Paul Oestreicher, wandte sich gegen eine Legitimierung des Krieges: "Ein Ja zum Leben bedeutet ein Nein zum Krieg", sagte der anglikanische Pfarrer in seiner Rede vor rund 1.000 Kirchenvertretern aus aller Welt. "Man kann nicht einfach sagen, dass in jedem Krieg auf allen Seiten Verbrechen begangen werden. Der Krieg selbst ist das Verbrechen."

Käßmann: Verkauf von Waffen stoppen

Wenn die Menschen es nicht lernten, Konflikte ohne Kriege zu lösen, "dann haben die Kinder unserer Kinder vielleicht keine Zukunft mehr", sagte er. Zugleich merkte er an: Gewaltloser Widerstand gegen das Böse werde nie einfache und schnelle Lösungen bringen, sondern Geduld und Leid erfordern. Die größte Herausforderung sei es, "dass der Friede die Entthronung des militärisch-industriellen Komplexes erfordern wird".

Käßmann forderte ihrem Redebeitrag ein entschiedenes Eintreten gegen den weltweiten Waffenhandel. "Es ist ein Skandal, dass Waffenproduktion und -handel eine Quelle wirtschaftlichen Reichtums sind", sagte die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Kirchen in der ganzen Welt müssten die Regierungen ihrer Länder herausfordern, Herstellung, Finanzierung und Kauf von Waffen zu stoppen. "Unsere Volkswirtschaften profitieren von der Gewalt und dem Krieg, den wir beklagen", sagte sie. "Die Kirchen können angesichts dieser furchtbaren Situation nicht schweigen."

Hilarion: verfolgte Christen schützen

Der russische Metropolit Hilarion forderte die Kirchen auf, "effektive Maßnahmen" gegen die Verfolgung von Christen unter anderem im Irak, Iran, Pakistan zu ergreifen. "Wir müssen dringend ein System zum Schutz der Christen vor Verfolgung organisieren." Er sprach sich dafür aus, Informationsstrukturen über religiös motivierte Verbrechen einzurichten. Die Kirchen müssten sich "trotz aller Uneinigkeiten" zusammentun und die Vereinten Nationen auffordern, der Verfolgung von Christen ein Ende zu setzen.

An der Eröffnung der sogenannten Friedenskonvokation nahm auch der jamaikanische Premierminister Bruce Golding teil. Die Tagung in Kingston bildet den Abschluss der von den Kirchen ausgerufenen "Dekade zur Überwindung von Gewalt". Bis zum 24. Mai werden die Kirchenvertreter über eine gerechte Wirtschaftsordnung diskutieren. Auf dem Programm steht auch der Frieden zwischen Religionen und Gemeinschaften.

epd