Wahlen in Südafrika: Herz und Seele für den ANC?

Wahlen in Südafrika: Herz und Seele für den ANC?
In Südafrika finden am 18. Mai Kommunalwahlen statt. Sie gelten als wichtiger Stimmungstest, denn die Unzufriedenheit mit dem fast das ganze Land regierenden African National Congress (ANC) ist groß. Dennoch werden ihm die meisten Südafrikaner wieder ihre Stimme geben.
17.05.2011
Von Renate Wilke-Launer

"Ich weiß, dass die ANC-Leute korrupt sind, aber wenigstens sind sie für uns da" - so wie der arbeitslose 29jährige werden viele Südafrikaner am 18. Mai ihr Kreuz beim "African National Congress" machen. Die Loyalität zu der ehemaligen Befreiungsbewegung ist so groß, dass auch Menschen, die höchst unzufrieden sind mit dem Bürgermeister und den Behörden, sich nicht überwinden können, einer anderen Partei ihre Stimme zu geben. Insbesondere schwarze Südafrikanerinnen und Südafrikaner empfinden es fast als Verrat, nicht zu honorieren, dass der ANC dafür gekämpft hat, dass sie überhaupt wählen können. Die ersten allgemeinen Wahlen gab es erst 1994.

Zuma warb mit Gottes Segen

Der ANC hat auch alles getan an diese historischen Bindungen zu erinnern. Präsident Zuma bemühte sogar die Ehrfurcht vor den Ahnen und stellte ANC-Wählern Gottes Segen in Aussicht. Und Julius Malema, der mächtige Vorsitzende der ANC-Jugendliga, redete den Wählerinnen und Wählerinnen ins Gewissen, doch ja ANC zu wählen, damit Nelson Mandela nicht noch kränker werde.

Der ANC ist die einzige Partei, die in allen 4277 Wahlbezirken des Landes antritt. An zweiter Stelle steht die Democratic Alliance (DA) von Helen Zille. Sie hat einen gut organisierten Wahlkampf geführt und immer wieder darauf verwiesen, dass das von ihr regierte Kapstadt im Vergleich mit ANC-dominierten Großstädten gute Noten erhält. Die DA könne besser, was der ANC versprochen habe: für alle Menschen da sein und ihre Lebensbedingungen verbessern. Die hart arbeitende und persönlich integre Helen Zille ist kreuz und quer durchs Land gereist und hat immer wieder schwarze Gemeinden besucht, um zu zeigen, dass ihre Partei keineswegs nur privilegierte Weiße vertritt.

Die meisten Parteien haben keine Chance

14,8 Prozent der Stimmen hat die DA bei der letzten Kommunalwahl 2006 erhalten; gewählt wurde sie hauptsächlich von den Minderheiten der Weißen und der Coloureds (Farbigen). Jetzt setzt sie nicht nur landesweit auf einige Prozentpunkte Zuwachs, sie will weiter in Kapstadt regieren und hofft, auch in einigen anderen Großstädten so viele schwarze Wähler zu gewinnen, dass sie dort Koalitionen eingehen und den ANC ablösen kann. Im krisengeschüttelten Port Elizabeth im Ostkap könnte es für den ANC ziemlich knapp werden.

Insgesamt treten 121 Parteien an, die meisten haben keine Chancen. Die "Inkatha Freedom Party" (IFP), die 2006 noch 8 Prozent der Stimmen geholt hatte, ist in ihrer Hochburg, der Provinz Kwazulu/Natal, so geschwächt, dass sie voraussichtlich stark verlieren wird. Die 2009 gegründete Partei "Congress of the People" (COPE), eine Abspaltung vom ANC, ist nur noch ein Schatten ihrer selbst und wird allenfalls regional nennenswerte Ergebnisse erzielen.

Anders als bei früheren Wahlen, bei denen der ANC nicht nur unangreifbar schien, sondern mit einer gut geölten Wahlmaschinerie im ganzen Land für sich Stimmung gemacht hat, ist er diesmal auf dem falschen Fuß gestartet: In vielen Gemeinden ist die Unzufriedenheit so groß und das Vertrauen in die örtlichen Funktionäre so gering, dass es zu wütenden, manchmal auch gewalttätigen Protesten gekommen ist.

Enttäuschte Liebe zum ANC

Und weil sich die Parteioberen bei der Kandidatenaufstellung oft über die Wünsche der Basis hinweggesetzt haben, stellen sich nun auch einige der nicht nominierten ANC-Mitglieder als unabhängige Bewerber zur Wahl, 748 nicht parteigebundene Kandidaten hat die unabhängige Wahlkommission registriert. Viele von ihnen fühlen sich aber weiterhin dem ANC verbunden. "Ich habe den ANC nicht verlassen; in meinem Herzen und meiner Seele bin ich immer noch Mitglied des ANC", hat einer, der gegen den offiziellen ANC-Kandidaten antritt, seine enttäuschte Liebe zusammengefasst.

23,6 Millionen Südafrikanerinnen und Südafrikaner haben sich für die Wahl registrieren lassen. Ob und wie viele Stimmen der ANC verlieren und die DA gewinnen wird, darüber gehen die Meinungen in diesem weiterhin vielfach gespaltenen Land auseinander. Vermutlich werden sich viele ANC-Anhänger der Stimme enthalten, und die Wahlbeteiligung dürfte noch unter der von 2006 (48,4 Prozent) liegen. Sicher ist: Diese Kommunalwahlen sind in Südafrika die spannendsten Wahlen seit 1994, weil die überragende Mehrheit des ANC nicht mehr überall sicher ist.


Renate Wilke-Launer arbeitet als Journalistin in Südafrika.