Guttenberg begründet Plagiat mit massiver Überforderung

Guttenberg begründet Plagiat mit massiver Überforderung
Schlamperei in Folge von Dauerstress führt Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg (CSU) für die vielen Fehler in seiner Doktorarbeit an. Er räumt ein, die Arbeit sei ihm über den Kopf gewachsen. Er habe weder seine Familie noch seinen Doktorvater enttäuschen wollen.

In der Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit hat Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eine massive Überforderung eingeräumt. In seiner Stellungnahme zum Abschlussbericht der Universität Bayreuth erklärte Guttenberg, angesichts seiner beruflichen und politischen Arbeitsbelastung sei ihm die Arbeit "teilweise über den Kopf gewachsen".

Wie aus dem mehr als 40-seitigen Bericht der Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft" weiter hervorgeht, wollte Guttenberg weder die Erwartungshaltung seiner Familie noch seinen Doktorvater enttäuschen. "Ich wollte mir eine Schwäche nicht eingestehen", wird er zitiert.

Die Kommission kam am Mittwoch zu dem Schluss, dass Guttenberg die Standards guter wissenschaftlicher Praxis grob verletzt und die Prüfungskommission vorsätzlich getäuscht hat. Fremde Texte seien in einem kaum vorstellbaren Ausmaß in allen Einzelheiten ohne Kennzeichnung der Autorenschaft übernommen worden. Dies deute auf ein bewusstes Vorgehen hin. Die Hochschule hatte Guttenberg bereits am 23. Februar den Doktortitel aberkannt. Am 1. März legte Guttenberg sein Ministeramt nieder.

"Fahrlässigkeit und Schlamperei" lässt die Kommission nicht gelten

Der Vorsitzende der Kommission, Prof. Stephan Rixen, erklärte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz, die Kommission sei kein Guttenberg-Tribunal. Sie wolle aber auch nichts weichspülen und reinwaschen. Feste stehe, dass über alle Teile der Arbeit Plagiate festgestellt worden. "Angesichts der Fülle der Einzelplagiate kann man nicht mehr von bloßen Bagatellverstößen sprechen", heißt es in dem Bericht.

Guttenberg selbst sprach von Fahrlässigkeit und Schlamperei in Folge von Dauerstress. Dies sei durch die Fülle von Einzelplagiaten widerlegt, sagte Rixen. "Wer jahrelang akzeptiert, dass er Sorgfaltsstandards nicht einhält, handelt nicht fahrlössig, sondern vorsätzlich, weil er die Sorgfaltspflicht zum bewussten Arbeitsstil erhebt", lautet das Fazit der Kommission.

Hinweise auf einen Ghostwriter bei der Doktorarbeit gab es nach Angaben der Universität nicht. Guttenbergs Doktorvater Prof. Peter Häberle habe Guttenberg gewiss vertraut, sagte Rixen. Er habe sich nicht vorstellen können, dass er getäuscht wurde.

Staatsanwaltschaft ermittelt noch

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sieht im Ausgang der Plagiatsaffäre einen Beleg, "dass das Prinzip Selbstkontrolle in der Wissenschaft funktioniert". Die Universität Bayreuth habe die Vorwürfe konsequent verfolgt, sagte DFG-Präsident Matthias Kleiner der Nachrichtenagentur dpa. "Das Ergebnis bezieht sich auf anerkannte Regeln guter wissenschaftlicher Arbeit." Alles andere wäre auch eine schlechte Botschaft an die vielen jungen Menschen, die redlich an ihrer Promotion arbeiteten, sagte Kleiner.

Die Staatsanwaltschaft im bayerischen Hof ermittelt gegen Guttenberg wegen Verstößen gegen das Urheberrechts. Dort liegen mehr als 100 Anzeigen vor. Zum Stand des Verfahrens wollte sich Oberstaatsanwalt Reiner Laib am Mittwoch nicht äußern. Für Juni kündigte er eine Zwischenbericht an. Es werde auch Auskunft gegeben, ob Strafanträge von Betroffenen vorliegen.

Eine Rückkehr Guttenbergs scheint erstmal unwahrscheinlich

Entgegen seiner Ankündigung, sich von allen politischen Ämtern zurückzuziehen, hat sich Guttenberg nach Angaben eines Parteisprechers vom CSU-Kreisverband Kulmbach als Delegierter für den Bezirks- und Landesparteitag wählen lassen. Ob er die Wahl auch angenommen hat, blieb zunächst unklar.

Der ehemalige bayerische Wissenschaftsminister und CSU-Generalsekretär Thomas Goppel geht nicht von einer Rückkehr des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg in die Politik aus. "Das ist im Prinzip vorbei", sagte Goppel am Mittwoch im Deutschlandfunk. "Ich glaube allen Ernstes, dass man in einer solchen Geschichte mit einem solchen Ergebnis mit solchen Vorgaben nicht davon reden kann, dass man morgen in der Politik wiederkommt."

dpa