Fall Speer: Springer darf aus privaten Mails nicht zitieren

Fall Speer: Springer darf aus privaten Mails nicht zitieren
Brandenburgs Ex-Innenminister Rainer Speer (SPD) muss sich die Presseberichterstattung über sein Privatleben in gewissem Umfang gefallen lassen. Das KG Berlin setzte in seiner Entscheidung vom Montag der Berichterstattung allerdings auch enge Grenzen: Zitate aus privaten Mails sind tabu.

Der Medienkonzern Axel Springer darf aus bestimmten E-Mails, die die Privatsphäre des früheren brandenburgischen Innenministers Rainer Speer (SPD) betreffen, weder wörtlich noch indirekt zitieren. Das Kammergericht Berlin bestätigte am Montag eine einstweilige Verfügung, die das Landgericht Berlin im September 2010 erlassen hatte. Allerdings bejahten die Richter ein hohes öffentliches Informationsinteresse an dem Fall. Das Verbot sei daher auf die Wiedergabe in direkter oder indirekter Rede beschränkt, hieß es in einer Gerichtsmitteilung. Springer bezeichnete das Urteil als "Teilerfolg". (AZ: 10 U 149/10)

Schutz der Persönlichkeit hat Vorrang

Bei der Abwägung zwischen dem Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit und dem Recht auf Schutz der Persönlichkeit sei in diesem Fall dem Persönlichkeitsrecht Speers der Vorrang einzuräumen, erklärte der Vorsitzende Richter Stefan Neuhaus. Zwar bestehe am Verhalten von Politikern ein gesteigertes Informationsinteresse. Aus den umstrittenen E-Mails sei jedoch ein besonderes persönliches Vertrauensverhältnis der Beteiligten erkennbar.

Speer hatte am 23. September 2010 seinen Rücktritt als brandenburgischer Innenminister erklärt. Für die Regierungskoalition des Landes wolle er nicht zu einer Belastung werden, erklärte er damals. Ihm war vorgeworfen worden, während seiner Zeit als Finanzminister sei ein Potsdamer Kasernengelände unter Wert verkauft worden. In Medienberichten war zudem spekuliert worden, ob Speers frühere Partnerin Sozialleistungsbetrug begangen habe und er daran beteiligt gewesen sein könnte. Speer wies sämtliche Vorwürfe zurück.

Der Senat halte es für "überwiegend wahrscheinlich", dass die E-Mails durch Straftaten Dritter beschafft worden seien, hieß es in der Gerichtsmitteilung. Die Rechtswidrigkeit der Informationsbeschaffung könne "den verantwortlichen Redakteuren nicht verborgen geblieben sein". Außerdem stehe nicht fest, dass Speer eine Straftat begangen habe. Ein Mindestbestand an Beweistatsachen, der eine Verdachtsberichterstattung rechtfertigen könne, liege ebenso wenig vor.

Springer will höchstrichterliche Entscheidung herbeiführen

Die Entscheidung des Landgerichts, jede publizistische Nutzung der E-Mails zu verbieten, sei allerdings zu weitgehend. Es sei nur gerechtfertigt, ihre wörtliche oder sinngemäße Verbreitung zu untersagen, urteilte das Kammergericht. Ähnlich entschied das Gericht in drei weiteren Verfahren zu ähnlichen Themenkomplexen. Da die Entscheidungen im Eilverfahren ergingen, sind keine Rechtsmittel möglich. Möglich ist allerdings ein Hauptsacheverfahren, das Springer auch bereits angestrengt hat. Dieses Verfahren liege zurzeit beim Landgericht, sagte ein Sprecher des Kammergerichts dem epd.

"Bild"-Sprecher Tobias Fröhlich erklärte: "Wir begrüßen die Entscheidung des Kammergerichts, dass die publizistische Nutzung der E-Mails ausdrücklich erlaubt ist." Dass direktes oder indirektes Zitieren verboten wurde, halte der Konzern jedoch für falsch. "Um Klarheit für die Nutzung von Quellen in der journalistischen Arbeit zu bekommen, werden wir diesen Fall im Hauptsacheverfahren und, wenn nötig, bis zur höchstrichterlichen Entscheidung weiter führen", sagte Fröhlich.

Springer verwies darauf, dass der Deutsche Presserat kürzlich eine Beschwerde zur Berichterstattung von "Bild" im Fall Speer zurückgewiesen habe. Der Presserat bestätigte dies auf epd-Anfrage.

epd