Portugal will EU-Hilfe: "Lage dramatisch verschlechtert"

Portugal will EU-Hilfe: "Lage dramatisch verschlechtert"
Nach Griechenland und Irland bittet nun auch Portugal bei der EU um Hilfe. Das hochverschuldete Land steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Die EU sichert rasche Hilfe zu. Die Schuld sieht Lissabon bei der Opposition, die die Sparpläne zu Fall gebracht hat.

Das hochverschuldete Portugal bittet die Europäische Union nun doch um Finanzhilfe in noch unbekannter Milliardenhöhe. Der geschäftsführende Regierungschef José Sócrates verkündete den Antrag des ärmsten Landes Westeuropas am Mittwochabend offiziell. Nach Griechenland und Irland wäre Portugal damit das dritte Land, das am EU-Finanztropf hängen würde. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso bestätigte das portugiesische Begehren und sicherte dem Land "schnellstmögliche" Hilfe zu.

Barroso, einst portugiesischer Regierungschef, teilte am Mittwochabend in Brüssel mit, er habe "Vertrauen in Portugals Fähigkeit, die derzeitigen Probleme zu überwinden". Der Rettungsfonds EFSF könnte bis zu 250 Milliarden Euro an klamme Eurostaaten ausleihen. Im Gegenzug wird von dem Krisenstaat ein striktes Sparprogramm verlangt. Der förmliche Antrag lag bis zum Abend in Brüssel noch nicht vor.

Barroso sagte, er habe Sócrates zugesichert, dass diese Bitte "in der schnellstmöglichen Weise entsprechend den einschlägigen Regeln behandelt" werde, hieß es in einer Mitteilung Barrosos. Sócrates habe die EU am Mittwoch über das Hilfsersuchen informiert.

"Lage dramatisch verschlechtert"

Die Bitte Portugals um Finanzhilfe kommt unmittelbar vor einem informellen Treffen der Finanzminister der 17 Staaten umfassenden Eurozone und der 27 EU-Staaten am Freitag und Samstag in Gödöllö bei Budapest. Bei dem Treffen dürfte der Fall Portugal ganz oben auf der Tagesordnung stehen.

Die Maßnahme sei "unvermeidbar" gewesen, sagte Sócrates in einer live im Fernsehen übertragenen Rede. Das ärmste Land Westeuropas wäre sonst zu hohe Risiken eingegangen. Die finanzielle Lage des Landes habe sich nach der Ablehnung des jüngsten Sparpakets der Minderheitsregierung durch die Opposition am 23. März "dramatisch verschlechtert".

Auch Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos sah die Schuld bei der Oposition. "Portugal wurde in unverantwortlicher Art und Weise an den internationalen Finanzmärkten in eine sehr schwierige Situation gebracht", hatte der Minister vorher im Gespräch mit der Onlineausgabe des Wirtschaftszeitung "Jornal do Negocios" gesagt.

Die größte Oppositionsbewegung, die konservativ orientierte Partei der Sozialdemokratie PSD, teilte unterdessen mit, sie unterstütze den Antrag der Regierung. Linksgerichtete Parteien klagten aber, das Land werde unweigerlich in eine tiefere Rezession rutschen.

Höhe der Hilfe noch unklar

Angaben über das mögliche Volumen der Hilfen liegen nicht vor. Vor knapp zwei Wochen hatte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker in einem Interview gesagt, er halte für Portugal eine Summe von 75 Milliarden Euro für angemessen - falls Lissabon Unterstützung beantragen sollte.

Die Regierung von Sócrates ist seit rund zwei Wochen nur noch geschäftsführend im Amt. Sócrates war am 23. März nach der Ablehnung seines Sparpakets zurückgetreten. Die Annahme des Programms galt als Voraussetzung dafür, dass Portugal sein Staatsdefizit wie versprochen in den kommenden Jahren wieder unter die erlaubte Marke von 3 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken kann. Ratingagenturen haben deshalb mehrfach die Kreditwürdigkeit des Landes gesenkt. Dementsprechend steigen die Zinsen, die Lissabon am Kapitalmarkt für neue Schulden zahlen muss, rapide.

Bislang hatte die Regierung die Möglichkeit eines Hilfsantrags stets zurückgewiesen und darauf hingewiesen, sie sei vor den Neuwahlen am 5. Juni auch gar nicht dazu befugt. Erst am Montag hatte sich Sócrates in einem Fernsehinterview noch energisch gegen einen Hilfsantrag an die EU ausgesprochen.

Er hatte gewarnt, ein solcher Schritt würde schlimme Folgen für die Portugiesen, aber auch für Europa haben. "Wenn Portugal fällt, dann werden der Euro und Europa geschwächt werden", sagte er. Ein Hilfsantrag könne nur das "allerletzte Mittel" sein. In der EU herrscht die Sorge, dass auch Portugals großer Nachbar Spanien in den Strudel der EU-Schuldenkrise geraten könnte.

dpa