Nach Strahlenunfall: Arbeiter in Reaktor 3 abgezogen

Nach Strahlenunfall: Arbeiter in Reaktor 3 abgezogen
Nachdem drei Arbeiter im Problemreaktor 3 in Fukushima eine gefährlich hohe Strahlendosis abbekommen haben, sind weitere Arbeiter vom AKW abgezogen worden.

Im Problemreaktor 3 in Fukushima sind einige Arbeiter abgezogen worden. Zuvor hatten dort drei Männer eine sehr hohe Strahlendosis abbekommen. Die Betreiberfirma Tepco habe Arbeiter im Erdgeschoss und Untergeschoss des Reaktors angewiesen, sich in Sicherheit zu bringen. Das meldete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo am Donnerstag.

Drei Arbeiter in Fukushima gefährlich verstrahlt

Die drei Arbeiter im Atomkraftwerk Fukushima seien 170 bis 180 Millisievert ausgesetzt gewesen, sagte Hidehiko Nishiyama von der japanischen Atomsicherheitsbehörde (NISA) am Donnerstag (Ortszeit). Zwei von ihnen seien mit Verletzungen an den Beinen in eine Spezialklinik gebracht worden.

Alle drei hatten an Reaktor 3 gearbeitet. Sie wollten Kabel reparieren, um das Kühlsystem des Reaktors wieder zum Laufen zu bringen. Regierungssprecher Yukio Edano berichtete auf einer Pressekonferenz, die Arbeiter hätten in radioaktiv belastetem Wasser gestanden.

Die Strahlenbelastung in der Luft werde ständig gemessen, sagte Edano. Dass die Arbeiter in das belastete Wasser getreten seien, sei allerdings eine "unvorhersehbare Situation" gewesen. "Wir werden die anderen Arbeiter aufklären, dass sie nicht den gleichen Fehler machen."

Die Regierung hatte für Arbeiter in Kernkraftwerken den Grenzwert für die maximal erlaubte Strahlenbelastung von 100 auf 250 Millisievert pro Jahr hochgesetzt. Diese Dosis sei gerade noch verträglich, sagte Edano. Die Betreiberfirma Tepco hatte davor festgelegt, dass die Arbeiter am AKW nicht mehr als 150 Millisievert pro Noteinsatz abbekommen dürften. Zuvor hatte der Grenzwert für Arbeiter 100 Millisievert betragen.

Als Folgen eines Strahlenunfalls nennt das Bundesamt für Strahlenschutz für einen Dosisbereich von 1 bis 6 Sievert (1000 bis 6000 Millisievert) unter anderem Übelkeit, Erbrechen, Fieber und Haarausfall als Symptome. Bei 5 bis 20 Sievert können etwa Schock und Blutungen auftreten - nur im unteren Bereich ist laut BfS noch ein Überleben möglich.

Gelber Regen macht Menschen bei Tokio nervös

Gelber Regen hat Menschen im Großraum Tokio in Aufregung versetzt. Ein gelblicher Film habe sich am Mittwoch in manchen Orten auf Dächer und Straßen gelegt, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Mehr als 200 Menschen hätten daraufhin beunruhigt bei der japanischen Wetterbehörde angerufen. Die habe am Donnerstag dann jedoch Entwarnung gegeben: Die gelbe Farbe komme von Pollen in der Luft. Das habe mit radioaktiver Strahlung von dem mehr als 200 Kilometer entfernten Atomkraftwerk in Fukushima nichts zu tun.

Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung sagte, der Regen könne zwar auch erhöhte Radioaktivität enthalten. Allerdings sei sie nicht so stark, dass sie der Gesundheit schade.

Lage im AKW Fukushima bleibt auf der Kippe

Bei ihrer lebensgefährlichen Arbeit in Fukushima treten die Ingenieure auf der Stelle. "Nach gegenwärtiger Lage dürfen wir nicht zu optimistisch sein", sagte Regierungssprecher Yukio Edano am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Tokio. Weiterhin steigt Rauch oder Wasserdampf auf. Die Einsatzkräfte wollen die Überhitzung der Reaktoren mit Meerwasser stoppen. Doch das könnte neue Risiken bergen: Ein Experte in den USA warnte vor einer Salzverkrustung der Brennstäbe. Das würde ihre Kühlung blockieren.

Fernsehbilder zeigten am Donnerstagmorgen, wie weißer Dampf über den Blöcken 1, 2 und 4 aufstieg. Es sei das erste Mal, dass dies auch bei Block 1 beobachtet werde, berichtete der Sender NHK. In diesem Reaktor kam es am 12. März - einen Tag nach dem Erdbeben und Tsunami - zu einer Wasserstoffexplosion, bei der das Reaktorgebäude erheblich beschädigt wurde.

Der Dampf über Reaktorblock 4 deutet auf eine Überhitzung des Abklingbeckens für abgebrannte Kernbrennstäbe hin. Dieser Reaktor war bereits vor dem Erdbeben zu Wartungszwecken abgeschaltet worden. Gleichwohl kam es dort am 15. März zu einer Explosion und einem Brand. Zum Austritt von Dampf sagte Regierungssprecher Yukio Edano nach den Worten der Dolmetscherin des Fernsehsenders NHK: "Das ist nur natürlich."

Unterdessen traten auch Probleme in dem ansonsten unkritischen Reaktorblock 5 auf. Das Pumpsystem des Reaktors sei defekt, so dass die Kühlung ausgefallen sei, sagte Hidehiko Nishiyama von der japanischen Atomsicherheitsbehörde (NISA). Die Situation sei momentan stabil, es müsse aber mit steigenden Temperaturen sowohl im Reaktor als auch im Abklingbecken für abgebrannte Kernbrennstäbe gerechnet werden. Es sei geplant, die Pumpe möglichst bald zu reparieren.

US-Experte warnt vor einer Salzverkrustung der Brennstäbe

Die Hitzeentwicklung macht nach Behördenangaben die weitere Kühlung mit Meerwasser von außen erforderlich. Erst wenn das Pumpsystem der Reaktorblöcke wieder ans Stromnetz angeschlossen ist und die Pumpen repariert sind, kann die reguläre Kühlung mit Süßwasser über die in den Reaktorkern führende Hauptkühlleitung aufgenommen werden.

In den USA warnte der ehemalige Reaktorsicherheitschef des Konzerns General Electric, dass sich bei der Kühlung mit Meerwasser große Mengen Salz ansammelten. Dies könne die Brennstäbe verkrusten und damit die Kühlung blockieren, sagte Richard Lahey der Zeitung "New York Times". Lahey schätzte, dass sich im Reaktorblock 1 etwa 26 Tonnen Salz angesammelt haben könnten, in den Blöcken 2 und 3 sogar jeweils 45 Tonnen. General Electric hat das grundlegende Design der Siedewasserreaktoren in Fukushima entwickelt.

In der weiteren Umgebung des havarierten Atomkraftwerks Fukushima wurde am Donnerstag eine leicht erhöhte Strahlung festgestellt. In der 75 Kilometer nordwestlich gelegenen Stadt Fukushima wurde ein Wert von 5,43 Mikrosievert pro Stunde gemessen, wie der Fernsehsender NHK berichtete. In Minamisoma, rund 30 Kilometer nördlich des Kraftwerks, waren es 1,42 Mikrosievert und in Iwaki, 50 Kilometer südlich, wurden 1,68 Mikrosievert registriert.

Tohoku-Schnellstraße wieder geöffnet

Fast zwei Wochen nach der Naturkatastrophe in Japan ist die wichtigste Autobahn in der betroffenen Region wieder für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Die Tohoku-Schnellstraße konnte nach dem Erdbeben vom 11. März nur mit Sondererlaubnis genutzt werden. Jetzt stehe die Autobahn wieder für den allgemeinen Verkehr zur Verfügung, damit die Aufräumarbeiten und der Wiederaufbau auf breiter Front in Gang kommen, meldete am Donnerstag die Nachrichtenagentur Kyodo.

Die japanische Hauptinsel Honshu wurde am Donnerstag erneut von einem Erdbeben erschüttert. Das Zentrum des Erdstoßes der Stärke 4,9 lag in der Präfektur Ibaraki, südlich der Region Fukushima und 58 Kilometer nordnordöstlich von Tokio, wie der staatliche japanische Wetterdienst mitteilte. Eine Tsunami-Warnung wurde nicht ausgelöst.

Am 11. März kamen bei dem Beben der Stärke 9,0 und dem anschließenden Tsunami nach offiziellen Angaben mindestens 9.523 Menschen ums Leben. Landesweit werden noch immer 16.094 Menschen vermisst.

dpa