"Flemming", 18. März, 21.15 Uhr im Zweiten
Mit dem Kriminalpsychologen Flemming, schwärmte man beim ZDF im Herbst 2009, beginne eine neue Seriengeneration. Das klang ziemlich vollmundig, zumal es von Fitz bis Monk bereits verschiedene moderne Klassiker dieses Zuschnitts gab. Dank der ausgefeilten Dialoge von Gregor Edelmann und vor allem der Verkörperung durch Samuel Finzi aber ist Flemming in der Tat zumindest fürs deutsche Fernsehen eine völlig neue Figur. Seine unbestechliche Analyse der menschlichen Körpersprache rückt ihn ohnehin eher in die Nähe von Cal Lightman, dem von Tim Roth verkörperten Experten für Wahrnehmungsforschung in der US-Seire "Lie to Me". Im Gegensatz zu Lightman ist Flemming allerdings kein wandelnder Lügendetektor; und mag er auch seine Marotten haben, so ist er doch bei weitem nicht so neurotisch wie Monk. Wie dieser ist Flemming jedoch ein hochintelligenter Menschenversteher. Daher eckt er in seinem Umfeld auch immer wieder an: Anders als die Kollegen betrachtet er die Täter als Opfer; er ist nicht an Überführung und Strafe, sondern an Therapie und Heilung interessiert.
Flemming wird Vater
Flemming hat ohnehin nur eine Schwäche, und das ist Ann, seine Chefin. Die beiden sind zwar geschieden, können aber nicht voneinander lassen. Zu den diversen Figuren, mit denen Edelmann die neuen Folgen bereichert (unter anderem Maren Kroymann als Kriminaldirektorin), gehört auch ein zunächst allerdings noch ungeborenes Baby: Der Psychologe wird Vater. Entsprechend groß ist der Anteil, den Flemmings Privatleben ausmacht, zumal man die beiden Ebenen oft nicht trennen kann. Da sich Finzi und Claudia Michelsen wunderbar ergänzen, ist das aber gar nicht schlimm. Außerdem sind die jeweiligen Fälle originell genug, um sich trotzdem zu behaupten. Einige der Geschichten sind derart komplex, dass sie ruhig länger dauern dürften als bloß 45 Minuten, zumal es großes Vergnügen bereitet, Flemming beim Denken zuzuhören. Und Nadja Petri sorgt als Anns neue Sekretärin dafür, dass es auch mal handfesten Humor gibt.
Uneingeschränkter Star ist allerdings Samuel Finzi. Der gebürtige Bulgare ist eine wunderbare Besetzung für die charismatische Titelfigur; mit seiner Hintergründigkeit sowie dem akzentuierten und nicht ganz akzentfreien Sprachduktus hat er schon der Figur des Gerichtsmediziners in den "Bella Block"-Filmen mit kleinen Szenen große Auftritte verschafft. Als Schauspielerin, die mit wenig Mimik viel erzählen kann, ist ihm Claudia Michelsen als Ann eine überaus stimmige Partnerin; das Wort führt ohnehin der Ex-Gatte.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).