Der Dalai Lama bereitet sein Erbe vor

Der Dalai Lama bereitet sein Erbe vor
Als "seine Heiligkeit" wird der Dalai Lama auch weiter um die Welt touren. Nur seine politische Macht gibt er ab. Während er heute schon seinen politischen Nachlass regelt, ist der Konflikt mit Peking vorprogrammiert, wenn es um seine religiöse Nachfolge gehen wird.
10.03.2011
Von Andreas Landwehr

Der Dalai Lama geht noch nicht in Rente, doch bereitet der 76-Jährige die Tibeter schon auf die Zeit nach seinem Tod vor. In einem historischen Schritt will das Oberhaupt der Tibeter all seine politischen Befugnisse abgeben. Es soll künftig keinen mächtigen tibetischen Führer mehr geben, der über dem Parlament steht. Vielmehr sollen die demokratisch gewählten exiltibetischen Volksvertreter und die in Indien beheimatete Exilregierung die politische Macht besitzen.

Der Friedensnobelpreisträger macht damit seine Ankündigungen wahr, den im Exil lebenden Tibetern volle Demokratie geben zu wollen. Gleichzeitig ist sein Rückzug eine logische Konsequenz aus der Gewissheit, dass sein Tod eines Tages zu einem schweren politischen und religiösen Konflikt mit der kommunistischen Führung in Peking führen wird. Sein politisches Erbe hat der Dalai Lama in der Hand, aber nicht unbedingt die Nachfolge für das religiöse Oberhaupt der Tibeter.

Die Kommunistische Partei will über die Nachfolge bestimmen

Die Kommunistische Partei in China, die ihn gerade wieder als Separatisten und "Wolf in Mönchsrobe" verteufelt, bereitet sich schon heute auf seinen Tod vor. Genau wie 1995 den Pantschen Lama, den zweithöchsten religiösen Führer der Tibeter, wollen sie auch diesmal selbst eine Reinkarnation aussuchen. Einen "Dalai Lama von Pekings Gnaden" werden aber - wie beim Pantschen Lama - weder die Exiltibeter noch viele Tibeter in dem Hochland anerkennen.

Noch vor einem Jahr hatten sich die von Peking eingesetzten Führer in dem seit 1950 besetzten Tibet geweigert, sich zum Reinkarnationsprozess überhaupt zu äußern. Heute legen sie jede Zurückhaltung ab. Insbesondere weil der Dalai Lama gesagt hatte, er werde bei seiner Reinkarnation vielleicht mit den Traditionen brechen müssen, um die tibetische Kultur zu retten. So erwähnte er als Möglichkeit, dass seine Wiedergeburt nicht unbedingt gefunden werden müsse. Oder er werde sie zu Lebzeiten vielleicht sogar selbst bestimmen.

"Was er sagt, zählt nicht", sagte der chinesische Regierungschef in Tibet, Padma Cholig, während der laufenden Jahrestagung des Volkskongresses in Peking. Ausgerechnet die atheistischen, lange ideologisch getriebenen Kommunisten, unter denen die Gläubigen in Tibet so schwer zu leiden hatten, profilieren sich jetzt als Hüter des tibetischen Buddhismus. "Die historischen Institutionen und religiösen Rituale des tibetischen Buddhismus müssen befolgt werden", sagte Padma Cholig. Niemandem stehe es zu, das jahrhundertealte Verfahren der Reinkarnation einfach abzuschaffen.

Exil-Tibeter verbinden den Rückzug mit arabischen Revolutionen

Exiltibetische Gruppen sehen den Rückzug des Dalai Lama aus den politischen Ämtern auch im Zusammenhang mit dem Ruf nach Demokratie im arabischen Raum. "Im Moment beobachten wir, wie in Nordafrika und im Nahen Osten die Bevölkerung sich ihrer autoritären Führer zu entledigen versucht und mit welcher Selbstverständlichkeit die Menschen ihre universellen Menschenrechte für sich beanspruchen", sagte der deutsche Geschäftsführer der Internationalen Kampagne für Tibet (ICT), Kai Müller.

Auf der anderen Seite mobilisierten die Führer der aufstrebenden Weltmacht China einen riesigen Sicherheitsapparat gegen eventuelle "Jasmin-Proteste". "Die KP-Führung sollte sich am Beispiel des Dalai Lama orientieren und das chinesische Volk ebenso frei wählen lassen, wie dies die Exiltibeter tun", meinte Müller.

dpa