Feigheit der Frauen? Von wegen, Frau Mika!

Feigheit der Frauen? Von wegen, Frau Mika!
Die Berliner Autorin Bascha Mika wirft in ihrem neuen Buch den berufstätigen Frauen vor, dass sie zu träge sind, um Karriere zu machen - und zu feige. Eine Gegenrede.
15.02.2011
Von Ursula Ott

Nein, das wollten wir nicht. Dass die fleißigen Mädchen unter uns, wie die Berliner Publizistin und ehemalige taz-Chefredakteurin Bascha Mika, ihr Talent dafür nutzen zu sagen, dass die anderen Frauen bloß zu faul sind für die Karriere. Und dass sich die noch fleißigeren Mädchen wie "Supermutti" von der Leyen und Senkrechtstarterin Manuela Schwesig gegenseitig die Augen auskratzen. Ist doch klar, was bei vielen Fernsehzuschauern davon ankommt: Sie können es nicht! Und noch schlimmer: Sie wollen es gar nicht!

Die Frauen wollen durchaus

Andere Frauen niedermachen, damit die Männer sich totlachen können? Diesen dreckigen Job würde heute kein Mann mehr machen: zu sagen, dass Frauen ja gar nicht an die Fleischtöpfe der Macht wollen. Nein, da ist der Mann von heute schon weiter, denn er hat entweder eine emanzipierte Frau zu Hause, die von ihm wenigstens acht Wochen Elternzeit erwartet, und dass er auch mal eine Sitzung sausenlässt, wenn die Tochter in der Klasse vorspielt. Oder er hat eine ehrgeizige Kollegin oder Stellvertreterin, von der er weiß, dass sie jederzeit seinen Job machen würde. Oder er hat - wenn all das nicht zutrifft - eine anstrengende Frauenbeauftragte im Nacken. Jedenfalls würde er nicht auf die Idee kommen zu sagen: Die wollen gar nicht, die Frauen. Oh doch, die wollen schon.

Natürlich wollen nicht alle. Zum Glück wollen auch nicht alle Männer Karriere machen, wo sollen auch so viele Chefsessel herkommen. Die "Latte-macchiato-Mütter" vom Prenzlauer Berg, die Arztgattin im Taunus - Bascha Mika hat sie ja gefunden, es gibt sie sicher. Die sich vom Mann oder vom Ex aushalten lassen und einen faulen Lenz machen. Aber man müsste doch eher in jedem Fall genau hingucken, ob das Leben dieser Frauen immer so dolce ist - wer weiß, wie viele ungelebte Träume da am Käthe-Kollwitz-Platz in der Mittagsonne dösen. Für mich jedenfalls wäre die Vorstellung ein Graus, noch nicht mal den Latte macchiato aus selbst verdientem Geld bezahlen zu können. Wie demütigend.

Klingt anstrengend

Außerdem: Wo bitte ist der Prenzlauer Berg? Die meisten Mütter, die ich kenne, leben irgendwo zwischen Ruhrgebiet und Odenwald und hetzen sich ab zwischen Selbstverwirklichung im Job, Glück in der Liebe und einer Gerade-noch-so-Vier in Mathe bei den Kindern. Latte macchiato? Vielleicht am Freitag Nachmittag, wenn die Kinder bei Kumpels übernachten und das Büro früher dichtmacht. Das wollen wir ihnen mal schön gönnen, ne?

Aber gönnen können - das ist nicht so der Stil dieser Bascha-Mika-Kampfschrift*. Fast denkt man, die erfahrene Kämpin, immer berufstätig, immer on the road, sei auch ein bisschen neidisch auf die faule Bande von jungen Dingern, die da einfach in der Sonne hocken. Verstehen kann man's. Aber PR-technisch ist es ganz schlecht für die Sache der Frauen. Wäre ich 20 Jahre alt, ich würde das Buch schon nach zehn Seiten aus den Händen legen. Es klingt furchtbar anstrengend, dass Frauen "raus aus der Komfortzone" und der "Kuschelecke" müssen. Puh.

Mehr Schaden als Nutzen

Das Buch strahlt eine seltsame Kälte aus. Wenn Mika die "notorische Partnersucht" und die "Fesseln der Liebe" beklagt und nicht verstehen kann, dass junge Frauen sich "ohne feste Beziehung in einem Vakuum fühlen" - brrr, da wird einem kalt. Mensch, Kollegin, ist doch auch blöd ohne Beziehung - das finden Männer allerdings genauso. Männer sind es, die nach Scheidungen ganz, ganz schnell wieder heiraten, die Partnerbörsen im Internet belagern. Allein sein ist nun wirklich nicht die attraktive Alternative zum Rundum-sorglos-Paket am Prenzlauer Berg.

Drum schadet das Buch mehr als es nutzt. Die Frauen, die Mika zu Recht attackiert, werden es angeekelt weglegen und "Sex And The City" gucken. Ist lustiger. Und die - zahlenmäßig sehr viel häufigeren - Frauen, die bienenfleißig ihren Job und das ganze Chaos drumrum managen, werden sich total veräppelt fühlen. Werbung ist es bestenfalls für Latte macchiato. Aber die braucht er gar nicht, der Italiener.

Bascha Mika: "Die Feigheit der Frauen: Rollenfallen und Geiselmentalität. Eine Streitschrift wider den Selbstbetrug", C. Bertelsmann, 256 S., € 14,99 


Ursula Ott ist stellvertretende Chefredakteurin von chrismon, Chefredakteurin von evangelisch.de und Mutter von zwei Kindern.