Nach dem Verzicht von Bundesbank-Chef Axel Weber hat auch Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) eine Kandidatur für die Spitze der Europäischen Zentralbank ausgeschlossen. "Ich stehe für diesen Posten nicht zur Verfügung", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Montag). Er halte es für falsch, wenn ein einst aktiver Finanzminister zu einer Kontrollinstanz wie der EZB wechsle.
Unangenehm für die Sozialdemokraten: Steinbrück zeigte sich verärgert über die Art und Weise, wie ihn SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ins Spiel gebracht hatte. "Ich bin bekümmert über dieses Verfahren. Das entspricht nicht meiner Vorstellung, wie Personalfragen gerade dieser Bedeutung gelöst werden können."
Steinmeier hatte am Wochenende zu "Spiegel Online" gesagt: "Wer ernsthaft an einer deutschen Kandidatur für den EZB-Präsidenten festhalten will, wird an einer international so ausgewiesenen Figur der Finanzpolitik wie Steinbrück kaum vorbeikommen." Wer im Herbst Nachfolger von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet wird, gilt derzeit als völlig offen.
Bankenrettung
In der großen Koalition hatte Steinbrück auf dem Höhepunkt der Finanzkrise zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Weber die Bankenrettung und die Konjunkturpakete entworfen.
Steinbrück begründete seine Ablehnung auch damit, dass er inhaltlich ähnliche Positionen wie der bisherige deutsche EZB-Kandidat Weber vertrete. "Damit wäre auch ich automatisch in einer Minderheit."
Der frühere Finanzminister hätte sowieso kaum Chancen auf eine Kandidatur gehabt. Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach (CDU), sagte "Handelsblatt Online": "Es ist schon befremdlich, wie sich die Sozialdemokraten ihrer Verantwortung bei einer vernünftigen Finanzmarktregulierung entziehen, aber dennoch führende Positionen für sich beanspruchen."
Auch die FDP lehnte Steinbrück strikt ab. "Unvergessen sind seine martialischen Drohungen gegenüber der Schweiz, der er mal mit der Peitsche drohte und mal die Kavallerie schicken wollte", sagte der FDP-Finanzexperte Volker Wissing.
Der scheidende Bundesbank-Präsident Weber begründete in einem "Spiegel"-Interview erstmals die Gründe für seinen überraschenden Rückzug. Der EZB-Präsident habe eine Sonderrolle: "Wenn er jedoch zu wichtigen Fragen eine Minderheitsmeinung vertritt, leidet die Glaubwürdigkeit dieses Amts."
Wechsel zur Deutschen Bank?
Weber war seit seiner heftigen Kritik am Ankauf von Staatsanleihen aus Euro-Krisenländern durch die EZB zunehmend isoliert. "Die Positionen mögen für die Akzeptanz meiner Person bei einigen Regierungen nicht immer förderlich gewesen sein", sagte der 53-Jährige.
Merkel sei über seinen möglichen Verzicht schon länger im Bilde gewesen. Im Herbst habe er angedeutet, dass für ihn mehrere berufliche Optionen bestehen. "Wichtig war mir, frei zu entscheiden, was ich machen werde". Im Januar hätten sich seine Rückzugspläne konkretisiert.
Zu hartnäckigen Gerüchten, er wolle zur Deutschen Bank wechseln, äußerte sich Weber nicht. "Solange ich im Amt bin, führe ich keine Gespräche über meine berufliche Zukunft. Mit niemandem."
Nach dem Ausscheiden bei der Bundesbank nach sieben Jahren zum 30. April werde er sich eine Pause gönnen. "Ich möchte nicht vor dem nächsten Jahr irgendeine Tätigkeit aufnehmen." Nach Informationen des "Tagesspiegels" will der Wirtschaftsprofessor wieder an die Universität Köln zurückkehren.
Chance für Jens Weidmann
Die Bundesregierung will in den nächsten Tagen eine Nachfolgelösung für die Bundesbank verkünden. Nach dpa-Informationen könnte der derzeitige Vize Franz-Christoph Zeitler für eine Übergangszeit die Bundesbank führen. Merkels Wirtschaftsberater Jens Weidmann könnte im Sommer in den Vorstand wechseln und später Präsident werden. Nach Angaben aus Koalitionskreisen hat Merkel sich aber noch nicht entschieden, Weidmann ziehen zu lassen.
Weber machte sich in dem Interview ungewöhnlich deutlich für den 42-jährigen Weidmann stark, der einst sein Student war. "Jetzt ist es Zeit, jüngere Kräfte ranzulassen." Weidmann sei "ein hervorragender Ökonom" und "ein absoluter Profi". Ihm zu viel Nähe zur Politik vorzuwerfen, sei nicht gerechtfertigt.
dpa