Nach Mubarak-Rücktritt kehrt in Kairo Normalität ein

Nach Mubarak-Rücktritt kehrt in Kairo Normalität ein
Am Tag nach dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak waren in der Hauptstadt Kairo Zeichen der Normalisierung zu beobachten. Zivilisten und Soldaten entfernten am Samstagvormittag in der Umgebung des Tahrir-Platzes Straßensperren und Betonblöcke. Der Platz im Zentrum Kairos war der Mittelpunkt der 18-tägigen Proteste und Demonstrationen gegen das alte Regime.

Millionen Menschen feierten überall im Land bis in die Morgenstunden den Abschied Mubaraks von der Macht. Der Staatschef hatte bei seinem Abgang die Amtsgeschäfte an das Oberkommando der ägyptischen Streitkräfte übergeben. Auf dem Tahrir-Platz waren am Samstagmorgen noch Tausende Menschen. Es war unklar, wie lange sie bleiben wollten.

Viele Demonstranten hatten in der Nacht zum Samstag erklärt, dass sie klare Aussagen von der Militärführung erwarteten. Diese müssten Aufschluss über einen konkreten Fahrplan zu fairen und demokratischen Wahlen und zur Übergabe der Macht an eine künftige gewählte Regierung geben.

US-Präsident Barack Obama begrüßte den Rücktritt Mubaraks. Die Stimme des Volkes sei gehört worden. "Aber dies ist kein Ende, das ist ein Anfang", sagte Obama in Washington. Es stünden sicher schwierige Tage bevor, an deren Ende "echte" Demokratie stehen müsse. Der US-Präsident rief das ägyptische Militär auf, die Rechte des Volkes zu achten. Er forderte die Aufhebung des Ausnahmezustandes sowie Verfassungsänderungen, die den Weg zu freien und fairen Wahlen ebneten.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich sehr erfreut. "Wir sind alle Zeugen eines historischen Wandels", sagte sie in Berlin. Sie wünsche den Ägyptern eine Gesellschaft "ohne Korruption, Zensur, Verhaftung und Folter". Die Entwicklung in Ägypten müsse jetzt unumkehrbar gemacht und friedlich gestaltet werden. "Am Ende der Entwicklung müssen freie Wahlen stehen."

EU erleichtert

Auch die EU zeigte sich erleichtert. Mubarak habe auf das ägyptische Volk gehört, betonte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und sicherte Unterstützung zu.

Nach Mubaraks Rücktritt übernahm am Freitagabend der Oberste Militärrat unter dem bisherigen Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi die Macht. Tantawi grüßte am Abend vor dem Präsidentenpalast in Kairo feiernde Demonstranten. Das Oberkommando der Streitkräfte werde Regierung und Parlament entlassen, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Arabija.

In einer Erklärung versicherte ein Sprecher des Obersten Militärrats im Fernsehen, dass das Militär den Willen des Volkes erfüllen wolle. Er dankte dem zurückgetretenen Präsidenten Husni Mubarak. Den Menschen, die bei den Protesten getötet wurden, bezeugte er mit einen militärischen Gruß Respekt. Sie hätten ihr Leben für die Freiheit Ägyptens gegeben.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte in New York: "Wir freuen uns, dass der Weg frei ist für einen politischen Neuanfang." Die Bundesregierung sei bereit, im Rahmen einer engen Partnerschaft beim demokratischen Wandel zu helfen.

Schweiz will Konten sperren

Am Donnerstag hatten die Demonstranten stundenlang hoffnungsvoll auf eine Erklärung Mubaraks gewartet und waren dann enttäuscht worden. Der 82-Jährige hatte nach fast 30 Jahren im Amt einen Rücktritt erneut abgelehnt. Dass Vizepräsident Omar Suleiman einen Teil der Vollmachten Mubaraks übernahm, ging der Opposition nicht weit genug.

Der Rücktritt zeichnete sich am Mittag ab, als Augenzeugen berichteten, ein Hubschrauber sei vom Präsidentenpalast im Kairoer Stadtteil Heliopolis aus abgeflogen. Wenig später landete Mubarak im Badeort Scharm el Scheich. Mehrfach war in den vergangenen Tagen die Möglichkeit ins Spiel gebracht worden, dass sich Mubarak dorthin zurückziehen könnte.

Die Schweizer Regierung will mögliche Konten des Mubarak-Clans ausfindig machen und dann sperren. Eine entsprechende Verordnung sei von der Regierung angeordnet worden, sagte Außenministerin Micheline Calmy-Rey am Freitag. Nach Medienberichten soll der Mubarak-Clan mehr als 40 Milliarden Dollar angesammelt haben. Wie viel davon auf Schweizer Banken gelandet ist, bleibt noch ungewiss.

Kundgebung in Algerien

In Algerien schlugen Sicherheitskräfte eine spontane Kundgebung von Regimegegnern nieder. Nach Angaben der Oppositionspartei RCD wurden dabei am Freitagabend zehn Demonstranten verletzt. RCD-Anhänger hatten sich nach dem Mubarak-Abgang spontan zu einem Protestmarsch entschlossen und auf Arabisch gerufen: "Mubarak ist gestürzt. Wir hoffen, dass Bouteflika der nächste ist!" Für diesen Samstag haben Gegner des autoritären algerischen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika trotz eines Demonstrationsverbots zu einem Protestmarsch aufgerufen.

dpa