"Blond bringt nix", 16. Februar, 20.15 Uhr im Ersten
Schon die Titelei ist ein Spielchen für sich. "Blondinenträume" heißt der Roman von Milena Moser, den Autorin Annette Simon für ihr Drehbuch adaptiert hat. Der Film scheint sich dagegen keinerlei Illusionen hinzugeben: "Blond bringt nix". Auch das aber bleibt Behauptung, denn tatsächlich kommen Blondinen in der Geschichte gar nicht vor; zumindest keine echten. Trotzdem spricht Putzfrau Elma (Kathi Angerer) aus Erfahrung, als sie ihrer Freundin Natalie (Amelie Kiefer) davon abrät, sich die Haare blond zu färben. Aber der Vorgang geht ohnehin schief: Nach der Prozedur ist Natalies Schopf feuerrot. Diese Farbe immerhin bringt’s offenbar doch, denn bei Jakob erreicht die hübsche Natalie ziemlich flott, was sie will: eine unverbindliche Nummer im Treppenhaus.
Männer sind Mangelware in der Hochhaussiedlung
Jakob (Wotan Wilke Möhring) ist zwar nicht die zentrale Figur dieser Ensemble-Handlung, aber er bringt die Geschichte überhaupt in Gang. Der alleinerziehende Vater ist als ehemaliger Fußballprofi quasi von Natur aus prima gebaut und zudem auch noch attraktiv. Kein Wunder, dass Jakob umgehend zum Gesprächsthema Nummer eins unter den überwiegend alleinstehenden Frauen wird, als er in die Hochhaussiedlung am Rande Münchens zieht; Männer scheinen hier ohnehin Mangelware zu sein. Bei nahezu allen Damen weckt der Ex-Kicker Begehrlichkeiten. Elma gerät sogar in völlige Verzückung: Kaum sieht sie ihn, verfällt sie in Tagträume, die Regisseurin Isabel Kleefeld (Grimme-Preis für "Arnies Welt") angemessen kitschig in Zeitlupe umsetzt.
Mitten in diesem Beziehungsgeflecht befindet sich Lotti (Katrin Sass). Sie verdient ihren Lebensunterhalt damit, auf die Kinder ihrer Nachbarinnen aufzupassen, weshalb sich deren Wege immer wieder in ihrer Wohnung kreuzen. Lottis Leben wird ebenfalls durch Jakob verändert, wenn auch nur indirekt: Die unschuldige Frage seiner Tochter, ob Lotti auch Kinder habe und warum sie ihre eigene Tochter nie sehe, setzt einen folgenreichen Denkprozess in Gang.
Obwohl die Geschichte eine Vielzahl komischer Situationen enthält, ist "Blond bringt nix" allenfalls eine Tragikomödie; die tristen Lebensentwürfe sind schlicht nicht komisch. Dafür sind die Figuren um so besser getroffen. Gerade Elma in ihrer putzigen Püppchenwelt ist eine ganz furchtbare Person, eine Art Münchener Antwort auf Cindy aus Marzahn, aber mit halb so viel Kampfgewicht und Barbie-Stimmchen. Kaum sympathischer, aber nicht minder gut gespielt ist Frau Meierhans (Catalina Navarro Kirner), eine Frau mit Blockwartmentalität; wer solche Nachbarn hat, braucht keine Feinde. Einzig irritierend an dem sehenswerten Film sind gelegentliche Aussetzer bei der Bildgestaltung (Tom Fährmann, Britta Becker), wenn die Kamera den Darstellern immer wieder mal völlig unvermittelt mit Karacho-Zoom ins Gesicht zu springen scheint.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).