"Swimming Pool", 10. Februar, 20.15 Uhr auf Arte
Eigentlich kann man sich diesen Luxus als Filmemacher heutzutage gar nicht mehr leisten: Es dauert lange, sehr lange, bis Francois Ozon endlich dort eintrifft, wo er seine Geschichte erzählen will. Und selbst dann vergeht noch die eine oder andere Weile, bis die zweite Hauptfigur auftaucht und die Handlung beginnen kann.
Dabei hat Ozon vordergründig gar nicht mal viel zu erzählen: Die etwas altjüngferliche englische Krimi-Schriftstellerin Sarah Morton (Charlotte Rampling) hat eine kleine Schaffenskrise. Ihr Verleger (Charles Dance) empfiehlt ihr ein paar Wochen Arbeitsurlaub in seinem Ferienhaus in der Provence. Dort angekommen, blühen beide, Film und Sarah, regelrecht auf: Sonne durchflutet die Bilder, die Musik findet ihr Leitmotiv.
Und dann kommt Julie (Ludivine Sagnier), die zwanzigjährige Tochter von Sarahs Verleger. Sie fegt wie ein Sturm durch Sarahs Eremitage und sorgt mit ihrer allerdings auch etwas erzwungen wirkenden Lebenslust für allerlei unwillkommene Abwechslung. Zunächst ist Sarah entsetzt und schockiert, dann macht sie das Beste draus und beginnt ein neues Buch, Arbeitstitel: "Julie".
Realität und Wirklichkeit in der Imagination
Mit keinem Hinweis deutet Ozon an, dass man seiner Geschichte nicht trauen darf. Erst als der letzte von Julies Liebhabern stirbt, unterbricht Ozon den Bilderstrom: In kurzer Rückblende zeigt er, wie sich der Mord abgespielt hat; oder wie er sich in Sarahs Fantasie abgespielt haben könnte. Gemeinsam vertuschen die beiden Frauen, die sich endlich nähergekommen sind, die Tat. Erst das rätselhafte Schlussbild erinnert daran, dass "Swimming Pool" ein Film über eine Schriftstellerin ist. Die Frage, die Ozon dabei am meisten interessierte: Woher bezieht jemand wie Sarah Morton ihre Inspiration? Vermischen sich in ihrer Imagination Realität und Wirklichkeit?
Man muss den Film also als Spiel aus Schein und Sein betrachten. Sarah beispielsweise ist gegen Ende immer öfter in Spiegeln zu sehen. Mitunter bietet der Film allerdings auch bloß gepflegte Langeweile. Hin und wieder gelingen Kameramann Yorick le Saux zwar ungemein hübsche Einstellungen (die blutrote Luftmatratze im himmelblauen Pool), doch ansonsten gibt es kaum Schauwerte. Dafür inszeniert Ozon die junge Ludivine Sagnier geradezu als Ikone der Jugend, was vor allem das männliche Publikum erfreuen wird: Sie ist meistens nackt.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).