"Ein Date fürs Leben", 9. Februar, 20.15 Uhr im Zweiten
Man sollte Julia Stinshoff mal sagen, dass eine Figur nicht automatisch komisch wirkt, wenn sie immer wieder die Augen verdreht. Aber wie sie sich in den gemeinsamen Szenen mit Hannes Jaenicke zum Affen macht, das ist ebenso hübsch gespielt wie inszeniert (Regie: Andi Niessner). Denn wann immer Anna, offenbar Kunsthistorikerin, dem Volkswirt Gregor über den Weg läuft, passiert irgendwas. Wenn beide Glück haben, stoßen sie nur mit den Köpfen aneinander, weil sie gleichzeitig etwas aufheben wollen; wenn Gregor Pech hat, landet auch schon mal heißer Kaffee auf seiner Hose.
Natürlich sind die Signale für jeden Komödienliebhaber unübersehbar: Die beiden fallen nur deshalb immer wieder aus der Rolle, weil sie nicht mehr Herr (beziehungsweise Frau) ihrer selbst sind, wenn sie sich begegnen. Aber sie wollen das nicht wahrhaben. Annas Gefühlswelt ist ohnehin durcheinander, seit ihr Ex-Mann sie einst mit einer anderen betrogen hat; von ihrem brachliegenden Sexualleben ganz zu schweigen.
Thema "Küssen" aus zweiter Hand
Neben der Arbeit in einem Auktionshaus zählt für sie nur noch Tochter Paula; die Gespräche zwischen Mutter und Tochter gehören zu den besten Dialogen des Films (Buch: Barbara Jago), zumal Maria Ehrich bestens mit Stinshoff harmoniert. Paula ist eine typische 16-Jährige, die sich hässlich findet und eine Hausarbeit über das Küssen schreibt, obwohl sie sich bei dem Thema auf Erfahrungen aus zweiter Hand beschränken muss. Mitunter hat man das Gefühl, an dieser Rolle hatte Autorin Jago fast noch mehr Spaß gehabt als an den beiden Hauptfiguren.
Auch Anna und Gregor aber entkommen ihrem Schicksal nicht: Er muss die Gemäldesammlung seines verstorbenen Vaters verkaufen, um dessen Schulden zu bezahlen, und sie soll die Bilder katalogisieren. Ihre Chefin (Marion Mitterhammer) setzt sie zusätzlich unter Druck: Das Auktionshaus braucht dringend einen Knüller. Tatsächlich befindet sich unter den Bildern auch ein Matisse, der Jahrzehnte als verschollen galt; aber von dem will sich Gregor nicht trennen. Als sich Anna allen inneren Widerständen zum Trotz endlich doch für ihn erwärmt, sieht sie ihn mit Frau und Tochter.
Die Geschichte mag kein Knüller sein, wird aber auf sehr ansprechende Weise erzählt; außerdem schaut man den Schauspielern gern bei der Arbeit zu, selbst wenn die Nebendarsteller (unter anderem Uwe Ochsenknecht als Annas schwuler Kollege) mitunter mehr aus ihren Rollen machen. Dafür hat Stinshoff die schönsten Slapstickszenen, etwa wenn Anna im erlesenen Kostüm vor Gregor die Straße runterstöckelt, betet, dass ihr nicht wieder ein Missgeschick passiert, und prompt einen Wasserschwall aus einer Markise abbekommt.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).