Auf der Suche nach dem "Kauf-mich-Knopf"

Auf der Suche nach dem "Kauf-mich-Knopf"
Forscher sind auf der Suche nach den letzten Geheimnissen unserer Kaufentscheidungen. Wie reagiert unser Unterbewusstsein auf Werbung? Welche Konsumententypen gibt es? Immer mehr Unternehmen nutzen ihre Erkenntnisse.
21.01.2011
Von Maren Martell

Der Hamburger Konsumententyp ist eher traditionsbewusst, der Berliner kreativ und spontan. Spanier entscheiden mehr aus dem Bauch, Deutsche sind künstlerisch oder faktenorientiert veranlagt. Jedes Land und jede Region steht für bestimmte Charaktere und Verhaltensmuster. Aber auch die Sinne jedes einzelnen Konsumenten reagieren ganz unterschiedlich auf die tägliche Flut von Werbebotschaften. Schon länger suchen Forscher nach dem geheimen "Kauf-mich-Knopf" im Hirn. Die großen Markenhersteller nutzen deren Ergebnisse ganz gezielt beim Kundenfang. Neuromarketing heißt das Zauberwort.

"Wer dieses neuropsychologische Wissen nutzt, spürt den Erfolg - meist an steigenden Umsätzen", betont Professor David Scheffer vom Hamburger Institut 180 Grad. Mit seinem Team entwickelte er eine Methode (NeuroIPS), stabile Persönlichkeitsmerkmale zu messen und damit die Erkenntnisse der Hirnforschung praktisch nutzbar zu machen. Scheffer erarbeitete zudem ein Verfahren, mit dem die Persönlichkeitsmerkmale miteinander verglichen werden. Neu daran ist, dass die Teilnehmer nicht mehr direkt befragt werden, sondern einen einfachen Online-Test zur Wahrnehmung von Formen, Farben und Bildern beantworten. In seiner jüngsten Studie ermittelte Scheffer die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen in sechs Ländern sowie in ausgewählten deutschen Großstädten.

Zitronenduft im Supermarkt

Von bis zu 15 Prozent mehr Umsatz geht Hans-Georg Häusel von der Münchner Unternehmensberatung Gruppe Nymphenburg aus. Gerade Einzelhändler spürten es in ihren Kassen, wenn sie ihre Verkaufsflächen optimieren, Wege durch die Geschäfte anders führen oder ihre Waren besser platzieren. "Der Konsument muss sich wohlfühlen, ohne dass er das bewusst merkt." So könne schon ein leichter Zitronenduft im Supermarkt die Kassen häufiger klingeln lassen.

"Das sind tausend Schräubchen, an denen man drehen muss", betont Häusel. Der Einsatz von millionenteuren Hirnforschungsmaschinen sei nur eine Methode, die sich aber gemessen am Aufwand als zu wenig aussagekräftig herausstellte. So erhofften sich beispielsweise Audi oder der Daimler-Konzern mittels Hirnscannern die Designakzeptanz ihrer neuen Modelle direkt messen zu können. "Diese Hoffnung blieb ein Traum", berichtet Häusel. Zwar könne man zeigen, ob ein Produkt positive oder negative Emotionen auslöst. Welche Emotionen es genau sind, komme dabei aber nur grob ans Tageslicht.

Ins Gehirn des Verbrauchers "hineinschleimen"

Seit mehr als zehn Jahren versuchen Wissenschaftler in Bonn, München, Magdeburg und Münster die Wirkung von Werbung im Unterbewusstsein zu entschlüsseln. Als eine der ersten nutzte der Konsumgüterproduzent Henkel ihre Ergebnisse. Viele Unternehmen hängen es aber aus Wettbewerbsgründen nicht an die große Glocke, dass sie solche Verfahren anwenden. Ärger bekam im vergangenen Herbst die Hamburger Sparkasse, als herauskam, dass sie mit psychologischen Kundenprofilen arbeitet.

Die größte deutsche Sparkasse hatte ihre Kunden in sieben Typen wie "Bewahrer" oder "Abenteurer" eingeteilt, ohne sie darüber zu informieren. Verbraucherschützer verurteilten dieses Vorgehen. "Man versucht, indem man sich ins Gehirn hineinschleimt, den Verbraucher in einer Weise zu beeinflussen, die nicht in seinem Interesse ist", kritisierte die Hamburger Verbraucherzentrale.

Heftige Proteste gab es auch in den USA. Dort ging die Sorge um, es sei das Zeitalter des gläsernen Konsumenten angebrochen, der von geldgierigen Konzernen mit Methoden der Hirnforschung durchschaut wird. "Marketing ist immer eine Form der Beeinflussung. Jede Frau, die sich morgens schminkt, betreibt Manipulation", erklärt Häusel. Verwerflich sei nur, wenn irgendein Instrument angewendet wird, um anderen wissentlich zu schaden.

dpa