"Vorzimmer zur Hölle", 26. Januar, 20.15 Uhr im Zweiten
Dass die Handlung in Details an "Der Teufel trägt Prada" erinnert, ist rasch vergeben. Henriette Richter-Röhl spielt Jule, eine junge Frau, die ihr Dasein nach abgebrochenem Medizinstudium als Empfangsdame eines großen Kosmetikkonzerns fristet. Eher durch Zufall stolpert sie die Karriereleiter hinauf und landet sehr zum Missfallen ihres Partners (Andreas Guenther als erfolgloser Bäcker) im Vorzimmer des Vorstandsvorsitzenden Phillip Richter. Andreas Pietschmann mag vielleicht ein wenig zu jung für die Chefrolle sein, ist aber natürlich genau im richtigen Alter für Richter-Röhl. Außerdem spielt er den schnöseligen Vorgesetzten, der es gar nicht mag, wenn seine neue Assistentin die morgendliche Routine (ein Croissant in fünf gleichgroßen Teilen, grüner Tee, acht Minuten gezogen) durcheinanderbringt. Die schockierte Jule will die Brocken schon hinschmeißen, aber ihre Vorgängerin, der sie den Job zu verdanken hat, redet ihr ins Gewissen: "aufstehen und weiterkämpfen!".
Zickenkrieg im Vorzimmer
Noch mehr Feuer als die Dialogduelle zwischen Jule und ihrem Chef hat der Zickenkrieg im Vorzimmer: Sekretärin Kim, von Yvonne Schönherr als wunderbare Mischung zwischen naivem Blondchen und berechnendem Biest verkörpert, beobachtet Jules Karrieresprung selbstredend mit Missgunst und schadet ihr, wo sie nur kann. Dass ihr Schoßhund mit dem unmöglichen Namen "Sexy" Richter immer wieder Streiche spielt (unter anderem pinkelt er ihm ans Bein), passt eigentlich nicht zur Ernsthaftigkeit, mit der Pfannenschmidt und Delbridge die Komödie konstruieren, ist aber wiederum so witzig, dass es nicht weiter stört.
Unversehens wandelt sich der Film zudem zum moderaten Wirtschaftskrimi: Ein unbekannter Konkurrent will "Winter Cosmetics" auf unfreundliche Weise übernehmen; ein Strohmann kauft die frei erhältlichen Aktien. Im Konzern gibt es offenkundig einen Maulwurf, und obwohl sich Jule längst in ihrem Chef verliebt hat, verdächtigt sie ihn. Dass man längst ahnt, wer der Verräter in den eigenen Reihen ist, schmälert den Genuss dieser spritzigen Komödie kein bisschen.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).