Lukaschenko wirft Deutschland Putschversuch vor

Lukaschenko wirft Deutschland Putschversuch vor
Der umstrittene weißrussische Staatschef Lukaschenko lässt sich an diesem Freitag erneut ins Amt einführen. Die EU droht mit Sanktionen. Russland will dem Bruderland helfen. Lukaschenko wirft Deutschland und Polen einen versuchten Putsch gegen ihn vor.

Der autoritäre weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hat Deutschland und Polen offen beschuldigt, einen Staatsstreich gegen ihn geplant zu haben. "Dort (in Deutschland und Polen) wurden die Pläne für einen Umsturz der Verfassungsordnung ausgearbeitet", sagte Lukaschenko am Donnerstag in Minsk. "Das ist keine Erfindung unserer Geheimdienste", betonte der als letzter Diktator in Europa kritisierte Staatschef. Berlin und Warschau wiesen die bisher nur von einer Staatszeitung geäußerten Putsch-Beschuldigungen scharf zurück.

Westerwelle weist Putschvorwürfe aus Minsk zurück

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach in Berlin von "haltlosen Vorwürfen", mit denen Lukaschenko von eigenem Unrecht ablenken wolle. Die Europäische Union müsse eine klare politische Antwort auf die Vorgänge rund um die weißrussische Präsidentenwahl am 19. Dezember 2010 und die fortgesetzte Inhaftierung von Oppositionellen finden. Im Nachbarland Polen warf das Außenministerium Lukaschenko vor, er habe den Weg der Konfrontation eingeschlagen. Es werde in den Beziehungen mit Minsk keine Normalisierung geben, solange nicht alle politischen Häftlinge freigelassen würden.

In der von internationalen Beobachtern als gefälscht kritisierten Präsidentenwahl hatte sich der seit 16 Jahren regierende Lukaschenko im Amt bestätigen lassen. Kein deutscher oder anderer EU-Vertreter will an diesem Freitag an Lukaschenkos Amtseinführung teilnehmen. Auch die USA wollen demonstrativ fernbleiben, wie es in Minsk hieß. Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) lud wegen der Vorwürfe die weißrussische Vize-Landwirtschaftsministerin Nadeschda Kotkowez vom Agrarministergipfel am Samstag in Berlin aus.

Russland bestätigte hingegen die Teilnahme an der Zeremonie in Minsk. Das Verhältnis zwischen Minsk und Moskau hatte sich nach monatelangem Streit spürbar verbessert. Dazu dürfte auch beigetragen haben, dass Lukaschenko nach einer vorsichtigen Annäherung an den Westen nun erneut mit der EU über Kreuz liegt. Moskaus Regierungschef Wladimir Putin stellte der verarmten Ex-Sowjetrepublik am Donnerstag Milliardenhilfen in Aussicht. Dabei geht es um Rabatte für Gas und Öl aus Russland sowie den Bau des ersten weißrussischen Atomkraftwerks.

EU fordert wirschaftliche Strafmaßnahmen

Lukaschenko drohte auf einer Sitzung in Minsk "härteste Reaktionen" an, sollte die EU Sanktionen gegen sein Land verhängen. Der 56-Jährige warnte davor, Weißrussland durch eine Blockade-Politik in die Enge und Isolation zu treiben. Er werde alles tun, um die Souveränität des Landes zu erhalten.

Das EU-Parlament forderte unterdessen in einer Resolution wirtschaftliche Strafmaßnahmen. Die Volksvertreter verlangten zudem ein Reiseverbot für weißrussische Beamte und Polizisten, die an der gewaltsamen Auflösung von Protesten gegen die Wahlen vom 19. Dezember beteiligt waren. Auch sollten deren Vermögen eingefroren werden. Die EU-Außenminister wollen Ende dieses Monats über Sanktionen beraten.

Festnahmen vor Lukaschenkos Amtseinführung

Die weißrussischen Behörden waren wiederholt gewaltsam gegen oppositionelle Präsidentenschaftskandidaten und Regierungskritiker vorgegangen, die Lukaschenko zum Rücktritt aufgefordert hatten.

Der Staatschef beschuldigte Deutschland und Polen, die Proteste mit organisiert sowie finanziert zu haben. Dies hätten auch die zahlreichen Festgenommenen in ihren Aussagen bestätigt. Menschenrechtler beklagen seit langem brutale Verhörmethoden und Folter in Weißrussland, um Regierungskritiker zu falschen Geständnissen zu zwingen.

Kurz vor der umstrittenen Amtseinführung waren erneut etwa 20 Regierungsgegner festgenommen worden. Unter den schon seit Tagen Inhaftierten ist auch der oppositionelle Präsidentenschaftskandidat Iwan Kulikow. Dem Nuklearexperten drohen "wegen beruflicher Verfehlungen" bis zu zehn Jahre Gefängnis. Dutzende weitere Lukaschenko-Gegnern müssen ähnliche Schicksale befürchten.

dpa