Was wird aus Apple, wenn Steve Jobs krank ist?

Was wird aus Apple, wenn Steve Jobs krank ist?
Gesundheitsprobleme zwingen Apple-Chef Steve Jobs erneut zu einer Auszeit - und prompt kommt wieder die Nachfolge-Frage auf. Apple hat zwar eine lange Ersatzbank talentierter Spezialisten, aber keinen vollwertigen Ersatz für den charismatischen Firmengründer. Er gilt als unersetzlich. Welche Alternativen hat der Weltkonzern?
19.01.2011
Von Christoph Dernbach

Steve Jobs, der charismatische Gründer von Apple, steht wie kein zweiter Firmenchef für den Erfolg seines Unternehmens. Er hat nicht nur dem Personal Computer zum Durchbruch verholfen und mit iPod und iTunes die Musik-Industrie umgekrempelt. Mit dem iPhone beflügelte Jobs den Markt der Smartphones und hauchte zuletzt mit dem iPad der totgeglaubte Geräte-Kategorie der Tablet Computer ein neues Leben ein. Aber wer außerhalb der Apple-Szene kennt Tim Cook, Jony Ive, Scott Forstall, Ron Johnson oder Phil Schiller ­ die Apple-Manager aus der zweiten Reihe? Und könnte jemand aus dieser Riege die Nachfolge von Steve Jobs übernehmen?

Der Wiederaufstieg von Apple nach der Rückkehr von Steve Jobs 1997 war jedenfalls nicht nur das Werk von "His Steveness", wie Steve Jobs manchmal ironisch bezeichnet wird, sondern das Ergebnis einer erfolgreichen Teamarbeit. Tim Cook (50), der nun für die Auszeit von Steve Jobs wieder das Ruder übernommen hat, räumte beispielsweise Ende der 90er Jahre bei Apple mit dem Chaos in den Produktionsabläufen auf.

Der Rest des Managements ist eher spröde

Die Kalifornier waren bis dahin dafür berüchtigt, besonders populäre Produkte nicht liefern zu können. Aber nicht nur Nachschubschwierigkeiten wurden von Cook weitgehend beseitigt. Der ehemalige Compaq-Manager bekam auch das Problem mit viel zu optimistischen Absatz-Prognosen für weniger populäre Produkte in den Griff, die in der Vergangenheit immer wieder zu enormen Abschreibungen auf nicht verkaufbare Haldenbestände geführt hatten. Cook optimierte in den vergangenen 13 Jahren jedes Details der Produktionskette, ­ doch als Ikone für Apple taugt der eher spröde auftretende Manager nicht. Auch für die Rolle des Kreativen mit visionären Ideen ist Cook keine Bestbesetzung.

Schwergewichte im Apple-Management sind neben Cook die Branchenveteranen Phil Schiller (50) und Ron Johnson (55). Aber auch sie können die Position von Jobs nicht ausfüllen. Schiller hat als quirliger Marketingchef zwar schon häufiger bei wichtigen Produktvorstellungen die Hauptrolle eingenommen. Er kann aber auf der Bühne nur die Dinge verkaufen, die Steve Jobs mit seinen Vertrauten entwickelt hat. Ron Johnson hat bei Apple die Vertriebswege neu organisiert und dafür gesorgt, dass der Konzern seine Produkte kommerziell äußerst erfolgreich in eigenen Läden präsentieren kann: 323 Apple Stores gibt es inzwischen weltweit, darunter auch in München, Hamburg, Frankfurt, Oberhausen ­ und demnächst auch in Berlin und Dresden. Wie Schiller ist aber auch Johnson ein Verkäufer und kein charismatischer Anführer.

Fehlender Kandidat für die "Seele der Firma"

Die beiden jüngsten Figuren im Management-Team, der Designer Jony Ive (43) und Scott Forstall (41), der für die iPhone-Softwareentwicklung verantwortlich ist, kommen diesem Ideal dagegen schon näher. Insbesondere Jony Ive tickt ähnlich wie SteveJobs und teilt seine Vorliebe für klares und minimalistisches Design. Die US- Zeitschrift "Fortune" erklärte Ive kürzlich zum "smartesten Designer der Welt". Im Gegensatz zu seinem Entdecker und Chef Steve Jobs scheut der in London geborene Ive aber das Rampenlicht. Interessierte Apple-Kunden kennen seinen kahlgeschorenen Schädel vor allem aus Videos, in denen der Brite sein Design des iPhones oder des iPads anpreist. Auftritte vor Publikum, bei denen Jobs zur Höchstform aufläuft, sind dem durchtrainierten Ive dagegen ein Gräuel.

Im Team hinter Steve Jobs befindet sich also kein Ideal-Kandidat, der wie er die Produktentwicklung bei Apple detailversessen und visionär vorantreiben könnte und in Personalunion die Rolle einer "Seele der Firma" und des charismatischen Chef-Verkäufers ausfüllen könnte. Vor diesem Hintergrund schiebt auch der Aufsichtsrat von Apple eine öffentliche Bekanntgabe eines möglichen Nachfolgers so weit wie möglich hinaus: Niemand im Apple-Board kann sich mit dem Gedanken anfreunden, dass Jobs durch seine Krankheit in absehbarer Zeit gezwungen wird, das Ruder bei Apple für immer aus der Hand zu geben.

Apple verdient 6 Milliarden Dollar

Trotz der Krankheit seines wichtigsten Chefs ist der Technologiekonzern aber in Bestzustand, was das Geld angeht. Zum wiederholten Male hat Apple seine Rekorde eingestellt und im ersten Geschäftsquartal (Ende Dezember) unterm Strich 6 Milliarden Dollar verdient (4,5 Mrd Euro). Das ist fast doppelt soviel wie im bereits guten Vorjahreszeitraum.

"Wir hatten ein phänomenales Weihnachtsquartal mit Rekordverkäufen bei Mac, iPhone und iPad", sagte Jobs am Dienstag in einer Mitteilung. Der Umsatz schoss um 71 Prozent auf 26,7 Milliarden Dollar hoch. Damit übertraf Apple sogar die kühnsten Erwartungen der Analysten. Die Aktie stieg nachbörslich um rund zwei Prozent. Apple hatte die Ankündigung des Rückzugs von Steve Jobs extra auf den Martin-Luther-King-Tag geschoben, an dem in den USA keine Aktien gehandelt werden, damit die Aktien nicht vorher noch fallen würden (was sie an der Frankfurter Börse aber taten).

Vom iPhone wurde Apple 16,2 Millionen Stück los und damit fast doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. "Wir hätten noch mehr iPhones verkaufen können, wenn wir sie auf Lager gehabt hätten", sagte Finanzchef Oppenheimer. Neben den Privatkunden würden auch immer mehr Unternehmen auf das Smartphone umschwenken, etwa die US-Großbank Wells Fargo oder der japanische Autobauer Nissan. Bislang war das Firmenkunden-Geschäft eine Domäne des Rivalen RIM mit seinen Blackberrys.

Die verkauften Mac-Computer summierten sich auf 4,1 Millionen, ein Plus von 23 Prozent. Das neue, besonders dünne und leichte MacBook Air sei der Treiber gewesen, erläuterte Oppenheimer. Nur bei den iPods gingen die Verkäufe um 7 Prozent auf 19,5 Millionen zurück. Viele Musikliebhaber hören ihre Songs mittlerweile lieber über das iPhone oder ein anderes Handy.

dpa